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Sonntag, 3. Januar 2010

Bücher 2009, Teil 12

108. Frank McCourt. "Die Asche meiner Mutter"
Autobiographisch. Frank McCourt beschreibt seine Kindheit in Irland vor und während des Zweiten Weltkriegs. Der Vater ist meistens arbeitslos, und wenn er doch mal Arbeit findet, versäuft er spätestens den dritten Wochenlohn gleich am Zahltag, so daß die Familie wieder mal kein Geld hat und er wieder rausgeschmissen wird. Ergreifende Schilderung einer Kindheit in Armut und Hunger.
109. Kazuo Ishiguro. "Was vom Tage übrig blieb"
Ein alternder Butler macht sich während seines ersten Urlaubs auf den Weg, um die ehemalige Haushälterin, deren Ehe gescheitert zu sein scheint, zur Rückkehr zu bewegen. Währenddessen läßt er sein Berufsleben Revue passieren, sinniert über Pflichten und Würde eines Butlers - und merkt gar nicht, daß er einer Lebenslüge hinterherläuft.
110. Erwin Strittmatter. "Der Laden" Zweiter Teil
Esau Matt besucht die "hoche Schule" in Grodk (Spremberg), doch er erzählt weniger vom Unterricht und den Lehrern, sondern vom Leben außerhalb der Schule: wie er jedes Wochenende zu Besuch zu seiner Familie nach Bossdom fährt, das Leben in der Familie seiner Gasteltern, Ausflüge, Freundschaften, und überhaupt die skurrilen Geschichten, die so wohl nur auf Dörfern und in Kleinstädten passieren können.
111. Henri-Pierre Roché. "Die beiden Engländerinnen und der Kontinent"
Die englischen Schwestern Anne und Muriel freunden sich mit dem jungen Franzosen Claude an. Aus der Anfangs geschwisterlichen Zuneigung wird allmählich Liebe: Claude verliebt sich in Muriel, die Mütter werden nervös, überreden das Paar zu einer Trennung. Muriel, die erst gar nicht in Claude verliebt war, ist es dann plötzlich doch, während Claude sich mit Anne zusammentut, die als Bildhauerin gleich mehrere Liebhaber hat. Im Grunde genommen geht es die ganze Zeit darum, daß Claude und Muriel sich einfach nicht entscheiden können. Langweilig.
112. Jonathan Franzen. "Die Unruhezone. Eine Geschichte von mir"
Wieder was Autobiographisches. Franzen schreibt über die Angst des Schülers vor dem "sozialen Tod", seine Schwierigkeiten, nach dem Tod der Mutter ihr Haus verkaufen zu müssen, seine Erfahrungen mit der Sprache Deutsch - und warum er so gerne Vögel beobachtet. Nett. Kann man so lesen.
113. A.N.Afanasjew. "Russische Volksmärchen"
Ein Buch, daß ich über Monate hinweg immer weiter gelesen habe. Mit den russischen Märchen ist es wie mit denen der Gebrüder Grimm: manche sind schön, manche weniger.
114. Thomas Quasthoff. "Die Stimme"
Unbedingt lesenswerte Autobiographie des von mir sehr geschätzten Sängers. Nicht nur die Geschichte, wie er es trotz seiner Behinderung als Contergan-Kind gegen alle Widerstände (und immer mit der absoluten Unterstützung seiner Familie) zur Weltkarriere und mehreren Grammys gebracht hat, ist toll, auch die Art, wie er sie erzählt: mit sehr viel Humor.

Freitag, 4. Dezember 2009

Bücher 2009, Teil 11

98. Klaus Bednarz. "Ferne und Nähe. Aus meinem Journalistenleben"
Sammlung von Reportagen, Berichten, Glossen und Kommentaren zu den "Tagesthemen". Natürlich dreht sich der größte Teil um Polen und Rußland bzw. die Sowjetunion. Manches kannte ich schon, anderes war mir neu, einiges wiederholte sich auch. Beim Kapitel über die russische Literatur habe ich schon einige meiner Gedichtbände vermißt, die noch in Bad Oeynhausen stehen...

99. Amos Oz. "Eine Geschichte von Liebe und Finsternis"
Autobiographisch. Oz erzählt die Geschichte seiner Kindheit und frühen Jugend in Jerusalem, die Prägung durch die Familie (sowohl Vater als auch Mutter sind als junge Erwachsene mit ihren Eltern aus Rußland eingewandert). Erzählt wird das Leben armer Einwanderer aus dem osteuropäischen Judentum, die Geschichte der Staatsgründung Israels, der Unabhängigkeitskrieg. Doch das eigentliche Thema, das wie ein ständiger Schatten über der Erzählung hängt, ist der Tod der Mutter über der Erzählung - sie beging Selbstmord, als Amos Oz zwölf Jahre alt war.

100. Maarten 't Hart. "Das Wüten der ganzen Welt"
Vor einigen Jahren habe ich diesen Roman schon einmal gelesen. Der Ich-Erzähler wächst in den späten 40er und frühen 50er Jahren in einer niederländischen Kleinstadt auf. Als er zwölf Jahre alt ist, wird neben ihm ein Mann erschossen. Der Junge glaubt, der Mörder habe es auch auf ihn abgesehen, und so verfolgt ihn die Geschichte sein ganzes weiteres Leben lang. Seine einzige Fluchtmöglichkeit ist die Musik. Eine spannende und wunderschön erzählte Geschichte über die Liebe zur Musik - und um Verrat.
101. Kathy Reichs. "Totgeglaubte leben länger"
Hier hat die Autorin versucht, auf der Welle von Dan Browns "Sakrileg" mitzureiten. Tempe Brennan will den Tod eines jüdischen Geschäftsmannes aufklären. Spuren führen nach Israel, wo sie mit einem Archäologen zusammenarbeitet, der glaubt, das Familiengrab Jesu gefunden zu haben. Pffffffft.

102. Erwin Strittmatter. "Der Laden." Erster Teil
Esau Matt (Strittmatters Alter ego) wächst in den 20er Jahren in einem kleinen Dorf in der Lausitzer Heide auf, wo seine Eltern einen kleinen Laden betreiben. Anschaulich und mit viel Humor entwickelt sich ein bunters Panorama der deutsch-sorbisch gemischten Dorfbevölkerung. Der Laden bestimmt das Leben von Esaus Familie, führt zu Streitigkeiten zwischen den Eltern und Großeltern. Am Ende wird Esau in die Stadt Grodk geschickt, wo er die "hoche Schule" besuchen soll.

103. Halldór Laxness. "Die Islandglocke"
Island im 16. Jahrhundert: die dänische Oberherrschaft beutet die Provinz im Nordatlantik aus, ohne der Bevölkerung die Möglichkeit zu geben, wirtschaftlich auf eigenen Beinen zu stehen. Ein armer Pächter wird wegen Mordes am Henker zum Tode verurteilt, kann jedoch fliehen - 30 Jahre lang beschäftigt sein Fall die dänische Justiz. Der isländische Gelehrte Arnas Arnaeus will nur das Beste für sein Volk, sammelt unter Mühen alle Niederschriften der Sagas - und verrät dabei die Liebe zu der schönen und stolzen Snaefridur.

104. Uwe Johnson. "Jahrestage. Aus dem Leben von Gesine Cresspahl" Teil 4
"Beim Gehen an der See gerieten wir ins Wasser. Rasselnde Kiesel um die Knöchel. Wir hielten einander an den Händen: ein Kind; ein Mann unterwegs an den Ort wo die Toten sind; und sie, das Kind das ich war."

105. Manfred Quiring. "Pulverfass Kaukasus. Konflikte am Rande des russischen Imperiums"

Aktuelles Buch über die Region an der Grenze zwischen Europa und Asien, die mich seit einigen Jahren wirklich sehr interessiert.

106. Ian Rankin. "Blutschuld"

Hurra, noch eins gefunden! Ein junger Mann wurde gefoltert und ermordet. Das an sich ist schon schlimm genug, aber er ist zufällig der Sohn eines Edinburgher Gansterbosses. Muß ich zu Rankin noch eine Bewertung schreiben? Einfach klasse: sehr gut geschrieben und herrlich spannend.

107. Erich Kästner. "Fabian.Geschichte eines Moralisten"
Das Buch hat Kästner 1931 geschrieben. Satirisch überspitzt schildert es einige Tage im Leben des Herrn Fabian, Mitte 30, der in Berlin in Pension lebt, seine Arbeit als Propagandist (=Werbetexter) verliert und auf die "Anständigkeit" der Menschen wartet. Vergeblich, statt dessen erlebt er die Unmoral des Berliner Nachtlebens. Bedrückende Parallelen zur heutigen Situation.

Samstag, 21. November 2009

Bücher 2009, Teil 10

Im Oktober habe ich fleißig weitergelesen.

89. Uwe Johnson. "Jahrestage. Aus dem Leben von Gesine Cresspahl". Teil 3
- Die Toten haben leicht reden. Seid ihr aufrichtig gewesen zu mir?
- Mach es besser als wir.

90. Ian Rankin. "Verschlüsselte Wahrheit"
Hab tatsächlich noch einen mir bislang unbekannten Fall von John Rebus aufgetan: Vor fünf Jahren ist bei einem mysteriösen Hotelbrand ein Mensch ums Leben gekommen. In einem neuen Mordfall tauchen Hinweise auf das frühere Verbrechen auf. Genial spannend, wie alle Bücher der Rebus-Reihe.

91. Kathy Reichs. "Durch Mark und Bein"
Tempe Brennan hilft mit bei der Identifikation der Opfer eines Flugzeugabsturzes. Da stolpert sie buchstäblich über einen Fuß, der zu alt ist, um zu einem Absturzopfer zu gehören. Als sie der Sache nachgehen will, wird sie plötzlich von ihrer Arbeit abgezogen. Offenkundig haben einige einflußreiche Persönlichkeiten ein Interesse daran, die Sache zu vertuschen. Aber Tempe läßt natürlich nicht locker. Und es wird wieder gruselig.

92. Daniel Kehlmann. "Die Vermessung der Welt"
Endlich habe ich dieses Buch lesen können!! Beschrieben wird das Leben Alexander von Humboldts und Carl Dietrich Gauß' - beide sind genial-besessene Wissenschaftler und gleichzeitig skurrile Kauze, die ihren Mitmenschen oft viel zu viel abverlangen. Sooooo lustig geschrieben, zumal Unterhaltungen grundsätzlich in indirekter Rede wiedergegeben werden. Meine Lieblingsstelle: Alexander von Humboldt übersetzt seinem Mitarbeiter und den Bootsführern auf dem Amazonas Goethes "Über allen Gipfeln ist Ruh'".

93. Martin Rees. "Das Rätsel unseres Universums. Hatte Gott eine Wahl?"
Ob Gott eine Wahl hatte, weiß ich nach dem Buch immer noch nicht, aber das Thema bleibt faszinierend. Das Universum ist so unendlich und unvorstellbar riesig, aber die Kräfte der Gravitation, der Wechselwirkung und der elektromagnetischen Anziehung sind genau im richtigen Verhältnis, die Erde umkreist die Sonne im genau richtigen Abstand, der Mond balanciert die Erde aus, so daß wir gleichmäßige Jahreszeiten haben - und dann bringt die Evolution den Menschen hervor. Wahnsinn.

94. Theodor Fontane. "Effi Briest"
Das Buch, das alle Deutschkurse am Gymnasium lesen mußten (außer meinem) - und alle Mitschüler schienen den Roman gehaßt zu haben. Fand ich damals schon schwer nachvollziehbar. Da wird eine Ehe arrangiert zwischen zwei, die sich zwar schätzen, im jeweils anderen auch den "richtigen" Partner zur Befriedigung des jeweils eigenen Ehrgeizes sehen, aber eigentlich passen sie nicht zueinander. Und als Instetten nach Jahren zufällig Beweise für eine kurze und längst beendete Affäre seiner jungen Frau in die Hände fallen, tötet er ihren ehemaligen Liebhaber im Duell und verstößt Effi - nicht, weil er es will, sondern weil er den Normen der Zeit gehorchen muß.

95. Salman Rushdie. "Des Mauren letzter Seufzer"
Fantastischer Roman über eine portugiesisch-stämmige indische Familie, die im Gewürzhandel groß und mächtig wird. Vor dem Hintergrund der Unabhängigkeit Indiens und des zunehmenden hindu-nationalistischen Bewegung entwickeln sich die Affären und Streits innerhalb der Familie. Spannend und bunt erzählt und mit zahlreichen märchenhaften Elementen angereichert.

96. Wolfgang Büscher. "Drei Stunden Null"
Sammlung von Reportagen und Essays des Journalisten Wolfgang Büscher.

97. Kathy Reichs. "Knochenlese"
Tempe Brennan ist zur Aushilfe bei einer guatemaltekischen Menschenrechtsorganisation, die Bürgerkriegsopfer exhumiert und identifiziert. Da wird sie von der guatemaltekischen Polizei um Hilfe gebeten: in einem Faultank wurde eine Leiche gefunden - ist es eine von vier jungen Frauen der Oberschicht, die in den letzten Monaten verschwunden sind?

Sonntag, 8. November 2009

Bücher 2009, Teil 9

Allmählich wird es Zeit, diese Reihe hier fortzusetzen - vor allem, nachdem ich endlich den Zettel wiedergefunden habe, auf dem ich die Bücher des September aufgeschrieben hatte. ;-)
80. Uwe Johnson. "Jahrestage. Aus dem Leben von Gesine Cresspahl." Teil 1
- Wer erzählt hier eigentlich, Gesine.
- Wir beide. Das hörst du doch, Johnson.
81. Kathy Reichs. "Mit Haut und Haar"
Tempe Brennan will eigentlich Urlaub machen, muß sich dann aber um eine auf einem verlassenen Grundstück gefundene Leiche ohne Kopf und Hände sowie um den rätselhaften Absturz einer Cessna kümmern. Thriller um Schmuggler, die vor nichts zurückschrecken.
82. Kathy Reichs. "Totenmontag"
Es ist wieder mal kalt in Montreal, als in einem Keller einer schmierigen Pizzeria die Skelette von drei jungen Frauen gefunden werden. Der ermittelnde Beamte der Montrealer Mordkommission hält die Sache für einen Fall für die Archäologen, doch Tempe Brennans Instinkt sagt ihr etwas anderes. Leider behält sie recht und es wird richtig gruselig.
83. Isabel Allende. "Portrait in Sepia"
Ein Familienepos aus dem Chile des späten 19. Jahrhunderts. Erzählt wird die Lebensgeschichte von Aurora del Valle, die bei ihrer Großmutter aufwächst und früh ihre Leidenschaft für die Fotografie entdeckt. (Ihre Tante Nivea ist die Mutter von Blanca und Clara aus dem "Geisterhaus".) Meisterhaft erzählt.
84. Ian Rankin (als Jack Harvey). "Die Kassandra-Verschwörung"
Kurz vor einem G8-Treffen in London verdichten sich Hinweise darauf, daß eine gefährliche Killerein, genannt "Die Hexe" nach Jahren wieder nach England zurückgekehrt ist. Ein ehemaliger und ein junger Mitarbeiter des Geheimdienstes sind ihr auf der Spur. Ian Rankin schreibt einfach wahnsinnig spannende Krimis und Thriller. Kein Vergleich zu Kathy Reichs, die zwar auch spannende Geschichten erfindet, in ihrer literarischen Qualität jedoch nicht an Rankin heranreicht.
85. Assia Djebar. "Frau ohne Begräbnis"
Die Ich-Erzählerin dreht einen Film über eine Widerstandskämpferin im Algerienkrieg, die als Frau zu den Partisanen ging, von den Franzosen gefangengenommen, hingerichtet und an unbekanntem Ort verscharrt wurde. Nachbarinnen, Verwandte und vor allem ihre beiden Töchter trauern auch Jahre nach ihrem Verschwinden um sie und erinnern sich an eine leidenschaftliche, gebildete, unabhängige und mutige Frau.
86. Stefan Grechik. "Das Chaos und seine Ordnung"
Meine erste Bekanntschaft mit der Chaostheorie. Nicht uninteressant, aber viel verstanden habe ich nicht. Muß bei Gelegenheit wohl noch mehr darüber lesen.
87. Theodor Fontane. "Stine"
Fontane erzählt die kurze Liebesgeschichte zwischen dem jungen, etwas kränklichen Grafen Waldemar von Haldern und der in kleinbürgerlichen Verhältnissen lebenden Ernestine "Stine" Rehbein. Waldemar will - der Ablehnung seiner Familie zum Trotz - Stine heiraten, doch diese erkennt, daß die Standesunterschiede einfach zu groß sind und lehnt ab. Waldemar verübt Selbstmord. Realistische Schilderung mit romantischen Anklängen. Fontane ist einfach klasse.
88. Uwe Johnson. "Jahrestage. Aus dem Leben von Gesine Cresspahl." Teil 2
- Es ist vergangen, Mrs. Cresspahl.
- Nein.
- Sie hören, wie ich es erzähle. Als etwas, das war.
- Ja, etwas das war.
- Lassen Sie mich von etwas anderem anfangen, Kind.

Dienstag, 1. September 2009

Bücher 2009, Teil 8

Und weiter ging es im August:

68. John Updike. "Sucht mein Angesicht"
Die Malerin Hope, fast 80 Jahre alt, empfängt die junge Journalistin Kathryn in ihrem Haus. Das Interview wird zu einer Art Duell der beiden Frauen. Kathryn will alles wissen: über Hopes drei Ehen (die ersten beiden mit zwei berühmten Malern), ihre Affären, die Beziehung zu ihren Kindern, besonders zur Tochter, und auch über die Kunst. Hope selbst möchte möglichst wenig persönliches preisgeben. Wer sich für moderne Kunst und ihren theoretischen Unterbau bzw. die Debatten darüber interessiert, für den ist das Buch sicher lesenswert. Ich fand es eher langweilig.

69. George Orwell. "1984"
Beängstigend.

70. Tschingis Aitmatow. "Dschamilja"
Louis Aragon nannte die Erzählung "die schönste Liebesgeschichte der Welt". Und da hat er recht. Ich habe das schmale Buch schon sooo oft gelesen, und es ist immer wieder einfach nur schön.

71. Siegfried Lenz. "Schweigeminute"
Ein Bestseller des vergangenen Jahres - und zu Recht! Die junge Englischlehrerin Stella ist bei einem Segelunglück schwer verletzt worden und kurz darauf gestorben. In ihrer Schule findet eine Trauerveranstaltung statt. Der Schüler Christian trauert während dieser Gedenkveranstaltung auf seine Weise um Stella, mit der er ein Verhältnis hatte. So schön und zurückhaltend erzählt.

72. Harald Lesch, Jörn Müller. "Weißt du, wie viel Sterne stehen? Wie das Licht in die Welt kommt"
Ein populärwissenschaftliches Buch über die Sterne - "Geburt", "Leben" und "Tod". Nicht immer ganz einfach, aber hochinteressant. (Ich denke, es dürfte mittlerweile aufgefallen sein, daß ich das Thema Astronomie und Astrophyisk ziemlich spannend finde, auch wenn ich kaum was davon verstehe.) Sehr leserfreundlich ist auch, daß die beiden Autoren (beides Astrophysiker) einen erfreulichen Mut zur Lücke haben und darauf verzichten, den Laien mit komplizierten Erklärungen aus der noch viel komplizierteren Quantenphysik verschonen und statt dessen auf weiterführende Literatur verweisen. Jedenfalls bin ich, glaube ich, wieder ein klitzekleines bißchen klüger geworden. :-)

73. Kathy Reichs. "Knochenarbeit"
Von Rankin war kein ungelesenes Buch mehr zu finden gewesen, und dies hier stand so günstig in der Regalreihe darunter. ;-) Es ist der 2. Band (Nr. 1 war nicht aufzutreiben) aus einer umfangreichen Krimireihe um die forensische Anthropologin Tempe Brennan, die abwechselnd in North Carolina und Quebec arbeitet. Mitten im tiefsten kanadischen Winter werden auf einem niedergebrannten Hof in einem abgelegenen Ort bei Quebec sieben Leichen gefunden. Erstaunlicherweise führen die Spuren zu einer Sekte nach North Carolina. Spannend erzählt, guter Griff ins Bücherregal.

74. Arundhati Roy. "Der Gott der kleinen Dinge"
Auch eines dieser Bücher, die ich immer schon mal lesen wollte. Erzählt wird die Geschichte einer syrisch-christlichen Familie in Kerala. 1969 sind die Zwillinge Ezra und Rahel sieben Jahre alt, als ihre Cousine Sophie Mol (Tochter aus der geschiedenen Ehe ihres Onkels) mit ihrer Mutter aus England die Weihnachtsferien bei der Verwandtschaft in der südindischen Kleinstadt verbringt. Die Mutter der Zwillinge, seit Jahren geschieden und entsprechend von Gesellschaft und Familie geächtet, beginnt eine Affäre mit einem Mann aus der Kaste der Unberührbaren. Als die Affäre ans Licht kommt, zerbricht die Familie darüber. Ein fantastisches Buch!! Die eigentlich recht düstere Geschichte wird so farbenfroh und lebendig erzählt, daß man gar nicht mehr aufhören kann zu lesen.

75. Christa Wolf. "Nachdenken über Christa T."
Christa T. ist nur 31 Jahre alt geworden. Ihre Freundin blickt auf das Leben der jungen Frau zurück, mit der sie einst zur Schule ging und der sie eher zufällig nach dem Krieg beim Studium wiederbegegnet. Anhand von Briefen, Tagebucheinträgen, Notizen und angefangenen Erzählungen entsteht das Bild einer träumerischen jungen Frau, die ihren Weg und ihre Berufung im Leben sucht und mit ihrem Idealismus bei Schülern und Kollegen oft auf Unverständnis stößt. Wie in "Kindheitsmuster" ist auch das ein sehr reflektiver Roman, der sich auch mit der Erinnerung an sich beschäftigt.

76. Chinua Abebe. "Heimkehr in ein fremdes Land"
Vor Jahren habe ich den Roman "Okonkwo oder der Fall des Alten" gelesen und war sehr beeindruckt. In diesem Roman geht es um Obi Okonkwo, den Enkel, der dank eines Stipendiums in England studieren kann und nach seiner Rückkehr nach Nigeria eine Stelle im Bildungsministerium erhält. Er verliebt sich in eine junge Krankenschwester, doch seine Familie ist gegen die Heirat. Die Rückzahlung des Stipendiums, Steuern und Verpflichtungen gegenüber der Familie bringen weitere Schwierigkeiten, so daß Obi letztlich doch der allgegenwärtigen Korruption erliegt.

77. Siegfried Lenz. "Das serbische Mädchen"
Eine Sammlung verschiedener Erzählungen - mal heiter, mal traurig, mal nachdenklich. Mich haben sie unterschiedlich beeindruckt. Die einen mehr, die anderen weniger. Am schönsten fand ich die Erzählung "Die Kunstradfahrer", in der ein Junge heimlich und verbissen trainiert, bis er mit dem alten Fahrrad seines Vaters ebensolche Kunststücke fertigbringt wie die beiden Kunstradfahrer Paul und Wim. Eine herrliche Satire ist "Das Preisausschreiben" - die Aufgabe lautete, in einer Erzählung Verständnis und Sympathie für die Arbeit der Geheimpolizei zu wecken. Der Ich-Erzähler beschreibt eine Woche im Leben seines Schwagers, der tatsächlich bei der Geheimpolizei arbeitet, gewinnt und erhält einen eher unerwarteten Preis.

78. Siegfried Lenz. "Das Vorbild"
Ein alter Schuldirektor, ein Lehrer und eine Lektorin treffen sich zum xten Mal in Hamburg, um über die Texte für das 3. Kapitel eines Deutschlesebuchs zu beraten. Ein Vorbild für die Jugend soll gefunden und anhand eines Textes vorgestellt werden. Nachdem sie sich wieder nicht auf ein Vorbild einigen konnten, stoßen sie durch Zufall auf die Geschichte der Lucy Beerbaum. Die in Griechenland geborene Biologieprofessorin hatte aus Solidarität mit ihren nach dem Militärputsch inhaftierten griechischen Freunden und Kollegen deren Haftbedingungen ebenfalls auf sich genommen - in ihrem Hamburger Haus allerdings - und war schließlich in der selbstgewählten Isolation gestorben. Parallel zur Geschichte von Lucy erfahren wir mehr über die drei Kommissionsmitglieder: der eine versucht den Selbstmord seines Sohnes zu begreifen, der andere trauert seiner gescheiterten Ehe hinterher, und die dritte kümmert sich um einen kranken Vetter. Hochinteressantes Buch, das mehr als nur ein "Vorbild" zeigt.

79. Tschingis Aitmatow. "Ein Tag länger als das Leben"
Schneesturm-Edige, Arbeiter an einer kleinen Ausweichstation mitten in der kasachischen Steppe, macht sich mit ein paar Kollegen auf, um seinen alten freund und Kollegen zu beerdigen. Auf dem Weg zum entfernten Friedhof blickt Edige auf sein Leben an der Ausweichstation zurück: die traurige Geschichte von Abutalip Kuttybasew, der Anfang 1953 in die Mühlen des stalinistischen Terrors gerät, das harte Leben in der Steppe, die alten kasachischen Sagen, die Abutalip für seine Kinder aufschreiben wollte. Gleichzeitig ruft ein rätselhafter Zwischenfall an Bord der amerikanisch-sowjetischen Orbitalstation "Parität" eine Krise hervor, die beide Mächte an den Rand des Krieges bringt. Was die Raumfahrtepisoden nun genau bezwecken, hat sich mir schon beim ersten Lesen vor einigen Jahren nicht so ganz erschlossen. Dennoch: es ist ein fantastisches Buch, dessen Grundthematik noch heute aktuell ist: die Ignoranz des modernen Menschen gegenüber der Natur und den Traditionen.

Sonntag, 9. August 2009

Bücher 2009, Teil 7

Im Juli brach der öffentliche Nahverkehr in Berlin im Bereich der S-Bahn quasi zusammen, Ende des Monats hatte es dann auch meine Internetleitung erwischt - und ich hatte sehr viel Zeit zum Lesen:

53. Christa Wolf. "Der geteilte Himmel"
DDR, Ende August 1961. Rita, Lehramtsstudentin, ist etwa zwei Jahre mit dem zehn Jahre älteren Chemiker Manfred zusammen. Dann kehrt er von einem Kongreß in West-Berlin nicht mehr zurück und erwartet wie selbstverständlich, daß sie ihm folgt. Doch längst haben sie begonnen, sich auseinanderzuleben, und der Bau der Mauer trennt sie schließlich endgültig. Sie stürzt in eine tiefe Krise und versucht den Zeitpunkt in der Vergangenheit herauszufinden, an dem die Entfremdung begann. Im Sanatorium erinnert sie sich an ihr Kennenlernen, ihre Arbeit im Waggonwerk, die Intrigen zwischen Meister und Brigadier, die Spannungen, Manfreds Enttäuschung, als sein wichtiges Projekt abgelehnt wird, die ihn schließlich dazu bewegt, die DDR zu verlassen. Rita dagegen ist voller Idealismus. Sie erkennt die Unzulänglichkeiten des sozialistischen Systems zwar an, will aber dazu beitragen, die Gesellschaft zum Positiven zu verändern. Darum bleibt sie im Osten. Ein hochkomplexes Thema mit leichter Sprache ausgebreitet. Sehr empfehlenswert.

54. Kurt Tucholsky. "Schloß Gripsholm"
Der Erzähler und seine Freundin (genannt "die Prinzessin") verbringen einen unbeschwerten Sommerurlaub in Schweden. Sie genießen die Landschaft, dann kommt erst sein Freund für ein paar Tage vorbei, etwas später ihre Freundin. Mit gegenseitigen Neckereien vergeht die Zeit. Dann ist da noch ein kleines Mädchen sehr unglücklich im Kinderferienheim, und die beiden Urlauber müssen einschreiten. Eine federleichte Sommererzählung.

55. Ossip Mandelstam. "Reise nach Armenien"
Eine Sammlung von Reflexionen - über die Zeit, die Gesellschaft, die Kultur und die Wissenschaft, vor dem Hintergrund einer Reise nach Armenien, das erste christliche Land. Mandelstam macht sich seine Gedanken über die armenische Kultur und Sprache, aber auch über die Biologie (und insbesondere die Vererbungslehre). Dazwischen immer wieder Impressionen aus Armenien, Begegnungen mit einfachen Menschen und Wissenschaftlern. Ich habe den schmalen Band in der S-Bahn gelesen - ein Fehler. Dieses Buch muß man in Ruhe zuhause lesen.

56. Ian Rankin. "Der kalte Hauch der Nacht"
Juchhu, ich habe doch noch eins gefunden!! :-) Der 11. Fall von Inspektor Rebus, in dem im künftigen schottischen Parlamentsgebäude eine zwanzig Jahre alte Leiche gefunden wird. Dann wird der Labour-Kandidat für das neue schottische Parlament erschlagen, und ein Obdachloser stürzt sich in den Tod. Nur Inspektor Rebus beginnt zu ahnen, daß da ein Zusammenhang besteht. Spannend, wie immer.

57. John Updike. "Unter dem Astronautenmond"
Der zweite Teil aus der "Rabbit"-Serie und wesentlich interessanter als der erste. 10 Jahre später ist Harry "Rabbit" Angstrom zu einem richtigen kleinbürgerlichen Spießer geworden, der sofort in die Luft geht, wenn jemand den Sinn des Vietnamkriegs auch nur andeutungsweise in Frage zu stellen versucht. Während Neil Armstrong den ersten Schritt auf dem Mond unternimmt, wird Rabbit von seiner Frau verlassen. Im Gegenzug nimmt er einen flüchtigen, drogenabhängigen Teenager, Jill, und deren Freund Skeeter, Black-Power-Aktivist mit messianistischen Anwandlungen bei sich auf. Im Zusammenleben mit diesen beiden tut sich dem extrem passiven "Rabbit" eine neue Welt auf - die ein Ende findet, als ihm die Nachbarn das Haus anzünden.

58. Siegfried Lenz. "Arnes Nachlaß"
Vor einem Monat ist Arne verschwunden, wahrscheinlich hat er Selbstmord begangen. Der hochbegabgte, introvertierte Junge hatte zwei Jahre vorher als einziger den kollektiven Selbstmord seiner Familie überlebt und war als Pflegesohn von einem Freund seines Vaters aufgenommen worden. Der fünf Jahre ältere Hans teilt sein Zimmer mit ihm und wird sein Freund, die beiden jüngeren Geschwister dagegen lehnen Arne ab, weil er "anders" ist. Nun soll Hans Arnes Nachlaß ordnen und wegräumen, doch jedes einzelne Stück erinnert ihn an den Jungen, und so wird im Rückblick die Geschichte des Zusammenlebens mit Arne in der Familie erzählt. Soooo schön (und ein kleines bißchen traurig).

59. J.M.G. Le Clézio. "Fisch aus Gold"
Letztes Jahr hat schon wieder ein Schriftsteller den Literaturnobelpreis bekommen, von dem ich nie zuvor gehört hatte. Das ist ja kein Zustand! Jedenfalls lachte mich dieses Buch in der Bücherei so an ... Clézio erzählt die Geschichte des Mädchens Laila aus Marokko, die als ca. 5jährige geraubt und verkauft wird. Nach dem Tod ihrer ersten "Herrin", die ihr mehr eine Großmutter war, beginnt ihre Flucht, die sie erst in andere Teile der Stadt, dann nach Paris und schließlich nach Amerika führt. Es ist ein hartes Leben unter den Ausgeschlossenen dieser Welt, voller Entbehrungen, aber Laila hat jede Menge Glück, und am Ende besteht Aussicht auf ein Happy End. Zwei Stunden, länger habe ich für diese beinahe im Ton eines Märchens erzählte Geschichte nicht gebraucht.

60. Theodor Fontane. "Spreeland"
Der vierte Teil seiner "Wanderungen". Ja, ich rolle das von hinten auf. Hat aber den Hintergrund, daß ich wegen des 800. Jubiläums mit dem Band anfangen wollte, in dem es u.a. auch um Köpenick geht - allerdings habe ich da nur ein wenig über die Geschichte von Schloß Köpenick erfahren und praktisch nichts über Köpenick. Egal, war schon interessant genug. habe auch lange an dem Band gesessen - immer mal wieder ein paar Kapitel gelesen, beiseite gelegt und wieder hervorgeholt. Reiseschilderungen und Landschaftsbeschreibungen wechseln sich ab mit historischen Betrachtungen über Schlösser und Gutshöfe sowie deren Bewohner der Mark Brandenburg. Ich schrieb es ja schon zu Band 5 ("Fünf Schlösser"): es ist nie schlecht, etwas über die Geschichte der Gegend zu wissen, in der man lebt, und Fontane macht es wirklich interessant.

61. Maarten t'Hart. "Die Netzflickerin"
Der Apotheker Simon Minderhout, längst im Ruhestand, wird aunf unliebsame Weise an eine Episode aus seiner Vergangenheit erinnert. Mitten im 2. Weltkrieg hatte er die Netzflickerin Hillegonda kennengelernt, die wiederum in Kontakt mit einer Widerstandsgruppe stand. Hat der Außenseiter Simon die Gruppe verraten und den Tod der jungen Männer auf dem Gewissen? Wie so oft bei t'Haart spielt die Geschichte im kleinbürgerlichen Milieu oftmals in ihre Glaubenvorstellungen verbissener, niederländischer Calvinisten - und wie so oft ist die Hauptfigur ein Zweifler an Gott und ein großer Liebhaber klassischer Musik. Grandios erzählt.

62. Neil F. Comins. "Der Schweif des Kometen. Irrtümer und Legenden über unser Universum"
Ja, es geht um Astrophysik in diesem Buch. Aber vor allem geht es darum, wie sich unsere Vorstellungen von der Welt bilden, und warum es uns oft so schwerfällt, diese oft irrtümlichen Vorstellungen durch die Erkenntnisse der Wissenschaft zu ersetzen. Da ist das von Elternhaus und Religion geprägte Weltbild, dazu kommen Halbwissen und Fakten, die falsch oder nur halb verstanden werden. Eine interessante und anschauliche Anleitung zum Zweifeln und Nachdenken. Nebenbei wird natürlich trotzdem mit einigen Irrtümern aufgeräumt. Die Sonne beispielsweise ist nicht wirklich gelb oder rot.

63. Urban Priol. "Hirn ist aus"
Ich finde den Mann klasse - aber sein Witz kommt doch erst durch den Vortrag so gänzlich zur Geltung. Das Buch ist ganz amüsant, aber das war es dann leider auch schon.

64. Pearl S. Buck. "Mandala"
Indien in den 1950er Jahren. Ein Maharaja und seine Familie suchen nach ihrem Platz und ihrer Aufgabe im unabhängig gewordenen Indien, in dem die alten Herrscher ihre Macht verloren haben. Interessant.

65. Uwe Johnson. "Ingrid Babendererde"
Im Mai 1953 bereitet sich eine Oberschulklasse in einer mecklenburgischen Kleinstadt (Güstrow ist unverkennbar gemeint) auf das Abitur vor. Man erträgt langweilige Schulstunden, verbringt Nachmittag beim Segeln, freut sich auf den Sommer. Da wird von Schulleitung und FDJ plötzlich eine Kampagne gegen die "Junge Gemeinde" losgelassen. Ingrid soll die Junge Gemeinde öffentlich verurteilen, spricht sich in ihrer Rede dann aber für die Meinungsfreiheit aus. Sie wird daraufhin von der Schule verwiesen. Zusammen mit ihrem Freund, der sich daraufhin selbst von der Schule abgemeldet hat, flieht sie nach Westdeutschland. Ich liebe Johnsons Sprache!

66. Ian Rankin. "Die Sünden der Väter"
Jaaa! Ich habe noch eins gefunden!! Dieses Mal ist Inspektor Rebus dazu abkommandiert, herauszufinden, ob sich hinter der Maske des Professors im Ruhestand ein gesuchter Kriegsverbrecher der Nazis verbirgt. Gleichzeitig ist in der Edinburgher Unterwelt ein neues Gesicht aufgetaucht und entfesselt einen Verteilungskrieg. Spannend, wie die anderen Fälle auch.

67. Ljudmila Ulitzkaja. "Olgas Haus"
Ein Band mit Erzählungen. Ulitzkajas Heldinnen und Helden haben es alle nicht leicht im Leben, aber sie versuchen, das beste daraus zu machen. Die meisten scheitern. Leicht erzählt, wie immer bei dieser Autorin, aber keine leichte Lektüre.

Mittwoch, 1. Juli 2009

Bücher 2009, Teil 6

46. Minette Walters. "Der Schrei des Hahns"
Die Autorin rekonstruiert einen Mordfall aus dem Jahr 1924. Elsie Cameron hat es nicht gerade leicht: sie ist unattraktiv und nicht gerade anziehend, nicht reich, dazu noch extrem launisch - und hat panische Angst, als alte Jungfer zu enden. Den jüngeren und unerfahrenen Norman Thorne kann sie zunächst an sich binden, doch einer Heirat weicht der junge Mann immer mehr aus, zumal er eine attraktivere, anziehendere junge Frau kennenlernt. Dann verschwindet Elsie, als sie wieder einmal Norman auf seiner Hühnerfarm besuchen will. Wochen später wird ihre Leiche gefunden. Im April 1925 wird Norman gehängt, obwohl seine Schuld nie bewiesen wurde. Ein schmales Buch, eher eine Erzählung als ein Roman, und nicht ganz so spannend wie die anderen Bücher, die ich von ihr kenne.

47. Mike Williams. "Old Jazz"
Frank Harmon, der Sohn eines berühmten Jazzmusikers, lebt zurückgezogen in einem Dorf in der Nähe von Perth in Australien (Nähe ist jetzt mal relativ). Da ruft ihn mitten in der Nacht eine Frau an, die ihm mitteilt, sein Vater sei gestorben und sie sei seine Halbschwester. Eigentlich wollte Frank mit seinem Vater, den er für den frühen Tod seiner Mutter verantwortlich macht, nichts mehr zu tun haben, aber das Erscheinen seiner Halbschwester zwingt ihn dazu, sich mit den Erinnerungen an seine Kindheit auseinanderzusetzen: sein Vater, der mit Familie nicht viel am Hut hatte und seine Frau schlug, seine Mutter, die mit ihrem Sohn schließlich ihren Mann verließ - und der geheimnisvolle Saxophonist aus der Band seines Vaters, dessen Bild Frank unwiderstehlich anzieht. Zufallsgriff in der Bibliothek, der sich absolut gelohnt hat. Eine wunderschöne Geschichte.

48. Ian Rankin. "Der diskrete Mr. Flint"
Kein Inspektor-Rebus-Roman - ich befürchte fast, den gesamten Bibliotheksbestand durchgelesen zu haben. :-( Dieser Krimi spielt im London der 80er Jahre. Bombenattentate der IRA sind an der Tagesordnung. Mittendrin entwischt ein Auftragskiller seinen Bewachern vom MI5 und kann ungehindert seinen Auftrag ausfüllen. Mr. Flint ist einer der Aufpasser, die den Killer hätten überwachen sollen. Bald ist ihm klar, daß er in eine Falle getappt ist - jemand aus dem Geheimdienst muß da mitgespielt haben. Mr. Flint beginnt, auf eigene Faust zu ermitteln. Auch wenn Inspektor Rebus schmerzlich vermißt wird - ein sehr spannendes Buch.

49. John Updike. "Hasenherz"
Pennsylvania, 50er Jahre. Harry Angstrom, wegen seiner Nase und trotz seiner beachtlichen 1,90 Körpergröße von allen nur "Rabbit" genannt, verläßt seine hochschwangere Frau und sein kleines Kind, weil er mit seinem Leben irgendwie unzufrieden ist. Er nistet sich bei einer Gelegenheitsprostituierten ein, während der Pfarrer im Auftrag der Schwiegereltern ihn beharrlich zur Rückkehr zu seiner Frau bewegen will. Als seine Frau in den Wehen liegt, kehrt er zurück - nur um nach einer Tragödie in seiner Familie erneut das Weite zu suchen, dieses Mal mit ungewissem Ausgang. Der erste Teil der berühmten "Rabbit"-Reihe. Rabbit sucht nach dem "Etwas" im Leben, was ihm eigentlich keiner übelnehmen kann - nur leider völlig ohne Rücksicht auf die Gefühle anderer, besonders der Frauen.

50. Siegfried Lenz. "Heimatmuseum"
Zygmunt Rogalla, Teppichweber aus Masuren, hat auf seiner Flucht vor der Roten Armee immerhin das halbe Inventar des von seiner Familie betriebenen Heimatmuseums retten können und es in Schleswig-Holstein wieder eingerichtet. Bis er es eines Tages, für Familie und Freunde völlig unverständlich, einfach niederbrennt. Während er sich im Krankenhaus von seinen Verbrennungen erholt, erzählt er Martin Witt, dem Freund seiner Tochter, die Geschichte seiner Familie und des Museums. So entsteht ein farbenprächtiges Bild einer Kleinstadt in Masuren und ihrer exzentrischen Einwohner zwischen dem Beginn des Ersten und dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Was ist Heimat? Geben die Ausstellungsstücke im Museum wirklich "reine Zeijenschaft"? Das sind wichtige Fragen, die scheinbar nebenbei behandelt werden, aber doch den Kern dieses Romans bilden. So ein schönes Buch!

51. Christa Wolf. "Kindheitsmuster"
Roman mit autobiographischen Zügen. Nelly Jordan reist Anfang der 70er Jahre mit Bruder Lutz, Mann H. und jüngster Tochter Lenka nach G. in Polen, früher L., ihre Heimatstadt. Rückblickend erzählt sie von dem Aufwachsen des Kindes Nelly im Dritten Reich, den Verführungen durch Schule und Hitlerjugend, Krieg und Flucht. Parallel dazu besucht sie die Orte von damals wieder und vergleicht - wie sah es damals aus, wie heute? Interessant ist auch, daß die Erzählerin von der erwachsenen Nelly in der zweiten Person spricht, vom Kind jedoch in der dritten. Erst ganz am Ende des Buches traut sich das "Ich" hervor. Neben der Kindheitserzählung geht es auch um das Gedächtnis und Erinnern an sich. Wie entsteht Erinnerung, an was erinnert man sich, und warum? (Schon erstaunlich, daß das Buch in der DDR erscheinen konnte, denn manches, was sie über das Leben in der ersten deutschen Diktatur schreibt, paßt auch auf das Leben in der zweiten deutschen Diktatur - und das ist keinem Zensor aufgefallen?)

52. Bill Bryson. "Streiflichter aus Amerika"
*ROFL*
Kostprobe gefällig?
"In den Vereinigten Staaten unterliegt Tiefkühlkäsepizza natürlich der staatlichen Lebensmittelkontrolle. Die Produktion von Tiefkühlpepperonipizza dagegen wird vom Landwirtschaftsministerium geregelt. Beide Institutionen setzen ihre eigenen Normen hinsichtlich Inhalt, Kennzeichnung und so weiter fest, haben eigene Kontrollteams und eigene Vorschriften, die allerlei teure Papierarbeit erforderlich machen. Und das nur bei Tiefkühlpizza. Ein solcher Irrsinn wäre in einem kleinen Land wie Großbritannien nicht möglich. Dafür braucht man die Europäische Union."

Montag, 1. Juni 2009

Bücher 2009, Teil 5

Im wunderschönen Monat Mai habe ich diese Bücher durchgelesen:

36. Татьяна Толстая. "Кысь" (Tatjana Tolstaja. "Kys")
Diese düstere Antiutopie spielt etwa 300 Jahre nach der großen Explosion. Die Stadt, die damals Moskau hieß, trägt nun den Namen Fjodor-Kusmitschsk nach dem Diktator Fjodor Kusmitsch. Alle Errungenschaften der Zivilisation und Kultur sind vergessen. Aufgrund der radioaktiven Strahlung sind die Einwohner der Stadt Mutanten. Sie ernähren sich von Mäusen, Würmern und ähnlich leckeren Sachen. Die Hauptfigur Benedikt arbeitet als Schreiber - seine Aufgabe ist es, die Erlasse und neuen literarischen Werke des großen Fjodor Kusmitsch abzuschreiben, so daß diese als Bücher verkauft werden können. Was kaum jemand ahnt: die Gedichte und Romane sind in Wahrheit die Hauptwerke der Weltliteratur (Puschkin, Goethe, ...), die Fjodor Kusmitsch in seinem Palast in einer geheimen Bibliothek aufbewahrt und als seine eigenen Werke ausgibt. War im Original doch recht schwer zu lesen. Nicht nur, weil ich inzwischen doch etwas aus der Übung bin. Tolstaja hat den Roman in einer eigentümlichen Sprache geschrieben Die Sprache ist quasi durchgängig "auf alt" gemacht, mit vielen dialektalen Wendungen, altrussischen Verbformen, Diminutiven. Dadurch gewinnt der Roman den idyllischen Tonfall einer russischen Märchenerzählung, der in einem denkbar scharfen Kontrast zum Inhalt steht. Grandios.

37. Daniel Kehlmann. "Ruhm"
"Die Vermessung der Welt" will ich schon seit langem lesen, aber in der Bibliothek ist es dauernd ausgeliehen. Sein neuestes Werk hat mir dagegen der Osterhase gebracht. Nach dem russischen Roman eine schön entspannende Lektüre. Eine Ärztin begleitet einen Schriftsteller auf einer Vortragsreise durch Südamerika und will auf gar keinen Fall als Figur in einem seiner Romane enden. Ein berühmter Schauspieler erhält plötzlich überhaupt keine Anrufe mehr. Ein verwirrter Internetblogger schreibt in einem Forum einen ellenlangen Bericht über seine Begegnung mit einem Schriftsteller. Eine alte Dame ist unheilbar an Krebs erkrankt und reist zum Sterben in die Schweiz. Insgesamt neun Episoden sind in dem Band versammelt, die alle irgendwie miteinander verknüpft sind. Je weiter die Lektüre voranschreitet, desto deutlicher werden die Verbindungen. Da hat das Lesen richtig Spaß gemacht - aber ich war mit dem Buch leider viel zu schnell durch.

38. Stieg Larsson. "Vergebung"
Spaaaaaannnend!!!!!

39. Ian Rankin. "So soll er sterben"
Der 15. Fall von Inspektor Rebus, in dem es um einen ermordeten illegalen Einwanderer und ein verschwundenes Mädchen geht. Und dann werden bei Bauarbeiten in einem Keller zwei Skelette gefunden - das einer Frau und das eines Kindes, bei denen selbst der Pathologe vor Ort nicht bemerkt, daß sie nicht echt sind. Ich glaube nicht, daß ich zu Rankin und seinem Inspektor Rebus noch viel sagen muß. Die Bücher sind einfach spitze.

40. Ian Rankin. "Die Kinder des Todes"
Der 14. Fall von Inspektor Rebus. Ich geb's ja zu, ich hätte mich vielleicht schlau machen sollen, bevor ich mit dem ersten anfange. Aber das andere lag nun mal oben auf dem Stapel, ich griff danach, und dann konnte ich schlecht wieder aufhören. An einer Privatschule hat ein Amokläufer erst zwei Schüler getötet, einen verletzt, und dann Selbstmord begangen. Eigentlich fällt das nicht in Rebus' Gebiet, aber der ermittelnde Inspektor ist einer der wenigen ihm halbwegs gut gesinnten und kann die Erfahrung von Rebus gut gebrauchen. Und Rebus hat in Edinburgh gerade selbst ein ernstes Problem, vor dem er gerne Reißaus nimmt. Auch wieder sehr spannend.

41. Vikram Seth. "Zwei Leben"
Der indische Schriftsteller schreibt eine Biographie seines Großonkels und dessen Frau Henny, bei denen während er seiner Schul- und Studienzeit in England lebte. Shanti Seth kam 1931 nach Berlin, um dort Zahnmedizin zu studieren. Er wohnt bei einer deutsch-jüdischen Familie zur Untermiete und gehört dort bald praktisch zur Familie. Nach seiner Dissertation darf er aufgrund der Rassengesetze nicht mehr in Deutschland arbeiten, und so geht er nach England. Die jüngste Tochter - Henny - kann 1938 im letzten Augenblick nach England ausreisen. Ihre Mutter und Schwester werden von den Nazis ermordet. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs heiraten Shanti und Henny beiden in London, wo Shanti mittlerweile seine eigene Praxis aufgemacht hat. Eine bewegende Geschichte, und sehr liebevoll erzählt.

42. John Updike. "The Witches of Eastwick"
Alexandra, Jane und Sukie sind allesamt von ihren Männern geschieden und haben, seit sie sich auf ihr "Frausein" besonnen haben, ihre Hexenkräfte entdeckt. Sie leben in Eastwick, ziehen ihre Kinder auf und haben ab und an eine Affäre mit verheirateten Männern aus ihrer Stadt. Dann zieht der schwerreiche und etwas mysteriöse Darryl Van Horne nach Eastwick und zieht die drei rasch in seinen Bann. Doch als er Jenny heiratet, die Tochter von Sukies Ex-Geliebten (der erst seine Frau und dann sich umgebracht hat), wünschen die drei der jungen Frau den Tod. Hm. Vor Jahren habe ich mal im Fernsehen die zweite Hälfte des Films gesehen, der von der Romanvorlage, wie ich nun rausbekommen habe, erheblich abweicht. Nicht schlecht, das Buch.

43. Truman Capote. "Kaltblütig"
Kein Roman, sondern ein literarisch aufbereiteter Tatsachenbericht. Am 15. November 1959 wurde in dem kleinen Ort Holcomb in Kansas eine vierköpfige Farmerfamilie in ihrem Haus überfallen und erschossen. Die Täter erbeuteten ganze 40 Dollar Bargeld und konnten erst ein paar Monate später identifiziert und gefaßt werden. Capote beginnt seine romanartige Reportage mit dem 14. November, er schildert den Tagesablauf der Farmersfamilie und der Täter (die er im Todestrakt besucht und interviewt hat), er berichtet von der Flucht der Täter und von den Auswirkungen des Verbrechens auf die Gemeinde Holcomb. Fesselnd.

44. Michael Cunningham. "Die Stunden"
Ich liebe diesen Roman!! Vor einem Jahr habe ich ihn schon einmal gelesen, weil ich endlich die Vorlage zu dem Film "The Hours" kennenlernen wollte. 1921 beginnt Virginia Woolfe mit der Arbeit an ihrem neuen Roman "Mrs. Dalloway", macht sich Gedanken über die Handlung und die Titelfigur. 1954 liest Laura Brown, eine Hausfrau in Kalifornien, den Roman und macht sich ebenfalls Gedanken - über Virginia Woolfes Selbstmord, den Roman und ihr eigenes Leben. 1998 plant Clarissa Vaughn in New York eine Party für ihren an AIDS sterbenden Freund Richard, einen berühmten Dichter, der ihr vor Jahren den Spitznamen "Mrs. Dalloway" gab. Eine grandiose Hommage an Virginia Woolfe und den Roman "Mrs. Dalloway". Clarissa Vaughns Tag in New York gleicht fast bis ins Detail (mit ein paar kleineren Anpassungen) dem Tag im Leben von Clarissa Dalloway im Roman. Ein wundervoller Roman, dem ein anderer wundervoller Roman zugrunde liegt, und aus dem ein wundervoller Film geworden ist.

45. Kristiane Allert-Wybranietz (Hrsg.). "Unverhofft streift uns das Glück"
Eine Sammlung von Kurzgeschichten unbekannter Autoren. Es sind Märchen, Gruselgeschichten, Fabeln und Science Fiction unterschiedlicher Qualität. Am besten gefallen hat mir die Geschichte von dem Troll, der sich in die goldenen Haare eines Menschenmädchens verliebt (Andrea Stevens, "Goldhaar"), und die vertauschten Telefonnummern in "Die Telefonkuriere" von Franz Kunert. Angenehme, entspannende Lektüre.

Freitag, 1. Mai 2009

Bücher 2009, Teil 4

Im April ging es nahtlos mit diesen Büchern weiter:

29. Kenzaburō Ōe. "Der atemlose Stern"
Der letzte Teil der "Grüner Baum in Flammen"-Trilogie. Satchan hat die Kirche vom "Grünen Baum in Flammen" erst einmal verlassen und entdeckt, während sie eine Abhandlung über Augustinus liest, ihre Sexualität. Doch als sie von einem brutalen Überfall auf Bruder Gii erfährt, kehrt sie zurück in das Tal auf Shikoku. In der Kirche haben sich mittlerweile zwei Fraktionen gebildet: zum einen die alten "Mitglieder" der Waldjugend, zum anderen die neuen Mitglieder, die sich um die drei Inō-Brüder scharen. Beide Gruppen haben ihre Vorstellung vom "Erlöser" Bruder Gii, und es kommt zu Spannungen. Gleichzeitig nehmen die Angriffe von draußen aus der Presse zu, zumal die Inō-Brüder eine Art Wachtrupp aufstellen, der Fremden den Zutritt verwehrt. Auf dem Höhepunkt der Auseinandersetzungen kommt es zur Spaltung, als die drei Brüder von Bruder Gii verlangen, sich definitiv als Erlöser zu erkennen zu geben. Doch Bruder Gii verweigert sich dieser Rolle. Natürlich ist auch dies ein sehr philosophischer Roman, in dem außer Augustinus auch viel über Dante, Simone Weil und Yeats nachgedacht wird.

30. Alexander Puschkin. "Die Hauptmannstochter"
Hatte ich schon mal auf Russisch gelesen. Eine spannende Powest über den Pugatschow-Aufstand unter Katharina der Großen. Der junge Pjotr Andrejewitsch Grinjow tritt seinen Militärdienst in der Festung Belogorodskaja im Orenburger Gebiet an. Viel Zerstreuung gibt es nicht, doch der junge Offizier wird ein gerngesehender Gast im Haus des Hauptmanns Mironow und seiner Familie. Bald verliebt er sich in die einzige Tochter des Hauptmanns, Maria Iwanowna, und macht ihr einen Heiratsantrag. Die Idylle wird gestört, als die Truppen Pugatschows die Stadt erobern. Pjotr Andrejewitsch entgeht im letzten Moment der Hinrichtung, wird von Pugatschow begnadigt und darf die Stadt unbehelligt entlassen. Auf Umwegen kann er schließlich auch seine Verlobte aus der Stadt befreien, doch aufgrund der Verleumdung eines von den Regierungstruppen gefangengenommenen Überläufers wird er eingekerkert. Maria Iwanowna fährt schließlich alleine nach St. Petersburg und bittet die Zarin um Gnade. Happy end.

31. Ian Rankin. "Wolfsmale"
Der 3. Fall von Inspektor Rebus. (Ich weiß, ich lese die Bücher ziemlich durcheinander, aber ich muß schließlich darauf Rücksicht nehmen, was gerade in der Stadtbücherei verfügbar ist.) Viel dazu sagen muß ich, denke ich, nicht mehr - einfach nur spannend. In London geht ein irrer Serienmörder um, und da Inspektor Rebus selbst einmal einen Serienmörder dingfest gemacht hat, hält man ihn in London für einen Experten und hat ihn zur Unterstützung angefordert. Natürlich schafft Rebus es wieder einmal, zielgenau in einige Fettnäpfchen zu treten, aber letztendlich hat er die entscheidenden Ideen (und Unterstützung durch eine junge Psychologin), die zur Auflösung der Morde führen - Verfolgungsjagd rund um Trafalgar Square inklusive.

32. Ian Rankin. "Ehrensache"
Rebus' 4. Fall. Was sollte ich machen? Zwei Romane in einem Band; natürlich lese ich sowas gleich hintereinander weg. Dieses Mal hat ein beliebter Abgeordneter gewaltige Probleme. Erst wird er bei einer Razzia in einem Edelbordell erwischt, dann wird kurz darauf seine Frau ermordet aufgefunden. Genauso packend und spannend wie die anderen Krimis aus der Feder von Rankin, die ich bis jetzt gelesen habe. Absolut empfehlenswert.

33. Minette Walters. "Der Schatten des Chamäleons"
Diese Frau schreibt einfach gute, spannende Krimis. Hier wurde ein junger Offizier der britischen Armee bei einem Anschlag im Irak schwer verwundet. Das Gesicht ist für immer entstellt, und seine Persönlichkeit scheint sich auch verändert zu haben. Aus dem offenen, beliebten, freundlichen Mann ist ein verschlossener Eigenbrötler geworden, der zunehmend aggressiv wird. Als er in einem Pub mit einem anderen Mann aneinandergerät, wird die Polizei auf ihn aufmerksam. Die sucht nämlich gerade einen Serienmörder, und der junge Mann war zufällig immer dann in London, wenn gerade ein Mord verübt wurde, und auch sonst deuten immer mehr Indizien auf ihn hin. Wie gesagt: spannend.

34. Theodor Fontane. "Fünf Schlösser"
Dieses Buch wird als fünfter Band zu den "Wanderungen durch die Mark Brandenburg" gezählt, aber eigentlich hatte Fontane es gesondert angelegt. Seine Begründung: bei den "Wanderungen" wurde wirklich gewandert. Er beschreibt - wie anhand des Titels unschwer zu erraten - fünf Schlösser bzw. Herrenhäuser in der Mark Brandenburg: Geschichte des Hauses und seiner Bewohner. Weil die wiederum nicht völlig unabhängig von der Landesgeschichte betrachtet werden kann, gibt es auch immer wieder Wissenswertes über die Geschichte Brandenburgs und später Preußens insgesamt. Keine trockene Ansammlung von Daten und Fakten, sondern anschaulich beschriebene Geschichte. Macht Lust auf mehr, zumal es ja nie schlecht ist, etwas über die Geschichte der Gegend zu wissen, in der man lebt.

35. John Updike. "Landleben"
Nachdem Updike kürzlich gestorben ist und die FAZ voll mit Nachrufen war, mußte ich einfach mal was von diesem Autor lesen. Owen, 70 Jahre alt, lebt mit seiner zweiten Frau Julia in einer Kleinstadt in Massachusetts und blickt auf sein Leben zurück. Genauer: seine Frauen und seinen beruflichen Werdegang. Erste Freundin, dann das Studium der Elektrotechnik am MIT, wo er auch seine erste Frau (Phyllis) kennenlernt, eine kurze Phase des Lebens in Manhattan, während er bei IBM arbeitet und seine Frau die ersten beiden Kinder bekommt, der Umzug in eine Kleinstadt in Connecticut, wo er mit einem Kollegen eine Computerfirma gründet (bald erfolgreich), verschiedene Geliebte und schließlich das endgültige Scheitern der Ehe, nachdem er Julia kennenlernt. Unterhaltsam und interessant geschrieben. Ich fand es noch aus einem anderen Grund sehr faszinierend: letztes Jahr habe ich mal "Frauen" von Marilyn French gelesen, und während des sehr langen Teils über das Zusammenleben mit seiner ersten Frau hatte ich das Gefühl, die Geschichte aus "Frauen" mit anderen Protagonisten und aus männlicher Sicht zu lesen.

Mittwoch, 1. April 2009

Bücher 2009, Teil 3

Meine Bücher im März:

22. Karen Joy Fowler. "The Jane Austen Book Club"
In der Bücherei gibt's das Buch nur auf Englisch, macht aber nix. Ich habe mir vor einiger Zeit den Film auf DVD gekauft und finde ihn richtig schön, da mußte ich das Buch natürlich auch lesen. Fünf Frauen und ein Mann treffen sich jeden Monat, um gemeinsam über ein Buch von Jane Austen zu lesen. Aber natürlich geht es da auch um Zwischenmenschliches innerhalb der Gruppe. Sabine war von dem Buch eher mäßig begeistert, ich finde es ok. Der Film gefällt mir wesentlich besser - erstaunlich, wie frei Regisseur und Drehbuchautor mit dem Stoff umgegangen sind; die Grundkonstellation stimmt, aber viele Motive sind wesentlich deutlicher herausgearbeitet als im Buch. Außerdem mag ich Amy Brenneman (im Film die Sylvia), seit ich sie vor Jahren mal in "Für alle Fälle Amy" gesehen habe. Zusammen mit Kathy Baker (Bernadette) spielt sie überdies in einem anderen Film mit, den ich sehr gerne mag.

23. Ian Rankin. "Im Namen der Toten"
Der 16. Band mit Inspektor Rebus (irgendwie blöd, wenn man sich in der Reihenfolge der Lektüre danach richten muß, was in der Bücherei gerade da ist). Dieser hier jedenfalls spielt in der Woche des G8-Gipfels im schottischen Gleneagles, was nun nicht so weit von Edinburgh entfernt ist. Alle schottischen Polizisten sind mit den Vorbereitungen des Gipfels beschäftigt, nur John Rebus soll davon ferngehalten werden - was natürlich nicht klappt, denn Mörder lassen sich auch von der Ankunft hochrangiger Politiker nicht abhalten. Und Rebus erst recht nicht. Wieder ein sehr spannender Krimi.

24. Marina Lewycka. "Caravan"
Ihren ersten Roman, "Eine kurze Geschichte des Traktors auf Ukrainisch" habe ich schon letztes Jahr begeistert gelesen. Das hier ist ihr zweiter. Eine eigentlich sehr traurige Geschichte von illegalen (mehrheitlich osteuropäischen) Arbeitskräften in England, die von ihren diversen Arbeitgebern ausgebeutet und nach Strich und Faden betrogen werden. Doch die Abenteuer, die sie erleben, werden mit so viel Witz und Verve erzählt, daß es ein reines Vergnügen ist, diese Groteske zu lesen. Hoffentlich erscheint bald ihr dritter Roman.

25. Naomi Klein. "Die Schockstrategie"
Das letzte noch ungelesene Weihnachtsgeschenk. Ein harter Brocken. Die Autorin beschreibt den Siegeszug des Neoliberalismus à la Friedman. Ihre These: die Verfechter der ungezügelten Marktwirtschaft machen sich Schocks und Krisen zunutze, um ihr Wirtschaftsmodell durchzusetzen. Während die Bevölkerung noch wie gelähmt ist, wird in Hinterzimmern handstreichartig das Wirtschaftssystem umgekrempelt: Staatsbetriebe werden privatisiert, massenhaft Menschen entlassen, gleichzeitig fallen alle Handelsbeschränkungen, so daß billige Importwaren die einheimischen Produkte verdrängen. Erstmals angewendet wurde die Schock-Strategie in Chile unter Pinochet und den anderen lateinamerikanischen Militärdiktaturen. Die Folterungen waren demnach auch deshalb "notwendig", um die wichtigsten Kritiker der Wirtschaftspolitik der Juntas auszuschalten und den Rest der Bevölkerung so einzuschüchtern, daß diese es nicht wagte, dagegen zu protestieren. Die nächsten Stationen waren Osteuropa nach dem Fall des Kommunismus, New Orleans nach Katrina, Südostasien nach dem Tsunami und der Irakkrieg. Beängstigend. Gut geschrieben und solide recherchiert. Da kommt man mehr als nur ins Grübeln. Das andauernde Gejammer über die schlechte Lage in Deutschland sollte ja auch der Bevölkerung vor allem die Notwendigkeit sozialer Einschnitte deutlich machen. Vielleicht sollte man mal Friedmans Privatisierungsbibel lesen ...

26. Uwe Johnson. "Mutmassungen über Jakob"
Nein, das ist kein Rechtschreibfehler meinerseits, das hat der Autor so gewollt. Und einem Lieblingsschriftsteller verzeiht man so was. Das hier ist das erste Buch, das von Johnson veröffentlicht wurde (das eigentliche Erstlingswerk, "Ingrid Babendererde. Reifeprüfung 1953", erschien erst posthum). Jakob Abs ist Dispatcher bei der ostdeutschen Reichsbahn. Am Tag seiner Rückkehr von einem Besuch in Westdeutschland verunglückt er tödlich beim Überqueren der Gleise. "Aber Jakob ist immer über die Gleise gegangen." War der Tod Unfall? Selbstmord? Oder Mord? Darüber denken die Menschen nach, denen Jakob in den letzten Monaten und Wochen vor seinem Tod begegnet ist: Gesine Cresspahl (jawohl, die Heldin aus den "Jahrestagen"), seine Quasi-Schwester, die ihn liebt und die seit einigen Jahren im Westen lebt. Dr. Jonas Blach, der Gesine liebt und Jakob bei einem Besuch in Jerichow bei Gesines Vater kennen- und schätzen gelernt hat. Herr Rohlfs, der nicht so heißt und bei der Stasi arbeitet. Er ist an Jakob interessiert, weil er über ihn an Gesine heranzukommen hofft, die einen Dolmetscherposten bei der Nato hat. Das ist sehr komplex erzählt, aber in der für Johnson typischen behäbigen Sprache, die ich so sehr mag. Irgendwie beginnt man die Zusammenhänge erst zu begreifen, wenn man das Buch einmal durchgelesen hat. Eigentlich müßte ich gleich noch mal anfangen. Statt dessen habe ich mich an Buch Nummer 27 gemacht:

27. "Die Katze Erinnerung. Uwe Johnson - Eine Chronik in Briefen und Bildern", zusammengestellt von Eberhard Fahlke
Das Buch lag so verführerisch auf dem "Angebotstisch" in der Bücherei, als ich das letzte Mal da war. Es ist einfach faszinierend. Anhand von Briefen Johnsons an Freunde und Bekannte, darunter sein Verleger Siegfried Unseld, Hannah Arendt, Max Frisch und andere, erhält man einen guten Überblick über das Leben von Uwe Johnson. Dabei geht es weniger um private Dinge (gut, man erfährt, daß er irgendwann mal geheiratet hat und eine Tochter geboren wurde), sondern über die Entstehungsprozesse seiner Romane, Erzählungen und die Lektoratsarbeiten, die er für den Suhrkamp-Verlag übernommen hat. Wie sorgfältig er recherchiert hat, um allein die "Jahrestage" schreiben zu können! Und dann die vielen Bilder: Johnson in verschiedenen Altersstufen, mal alleine, mal zusammen mit anderen Literaten, Landschaften und Straßen in Mecklenburg, Berlin und New York (das Haus am Riverside Drive, in dem er gewohnt hat und in dem er auch Gesine wohnen läßt!!!!!). Beim Lesen bekam ich direkt Lust darauf, mir die Jahrestage noch einmal vorzunehmen. Besonders aufgefallen ist mir auch, daß er in den Briefen praktisch genau so schreibt wie in den Romanen: mit viel Liebe zum Detail, etwas behäbig-umständlich formuliert und dennoch punktgenau und so oft mit tiefgründigem Humor. Wie schade, daß ich dieses Buch an die Bücherei zurückgeben muß ...

28. Kenzaburō Ōe. "Der schwarze Ast"
Die Fortsetzung von "Grüner Baum in Flammen", das ich im Februar gelesen habe. Die Gemeinschaft um Bruder Gii hat sich allmählich in eine Art "Kirche" verwandelt und findet mehr und mehr Anhänger, darunter auch solche, die sich anfangs gegen Bruder Gii gestellt hatten. Doch es ist immer noch eine Gemeinschaft im Aufbau, die um ihr spirituelles Programm, ihr "Evangelium" ringt. Die Mitglieder sammeln Texte oder Textstellen, die ihnen auf ihrer Suche nach den "Belangen der Seele" wichtig erscheinen: Auszüge aus dem Evangelium sind ebenso darunter wie buddhistische und philosophische Schriften, Gedichte von Yeats, Dantes "Göttliche Komödie" und Wagner-Arien. Bruder Gii ist selbst ein Suchender, vielleicht sogar der, der am stärksten sucht, aber die anderen sehen in ihm eine Art "Erlöser". Es geht noch philosophischer zu als im ersten Band. Was ist ein Erlöser? Bruder Gii ist deshalb ein Erlöser, weil die anderen ihn so sehen oder so sehen wollen, weil sie Antworten auf dieselben Fragen suchen, die auch Bruder Gii bewegen. Bruder Gii wiederum reagiert auf seine "Jünger" - er versucht, Antworten auf ihre Fragen zu finden, und antwortet, indem er laut darüber nachdenkt. Diese Antworten erhalten etwas Predigthaftes, wodurch die anderen wieder in ihrer Überzeugung bestärkt werden, Bruder Gii sei ein "Erlöser". Doch am Ende scheinen die Erwartungen zu hoch gewesen sein, denn als allgemein erwartet wird, Bruder Gii werde die "Kirche" auf eine neue Ebene stellen, vermag er es nicht und zieht sich zurück. Die Ich-Erzählerin der Romane, Satchan (eine sehr interessante Figur, denn sie ist ein Hermaphrodit und hat sich erst als Student/in dazu entschlossen, ihr Leben fortan als Frau zu verbringen), die Bruder Gii bisher immer unterstützt hat, verläßt das Tal und die Kirche.

Sonntag, 1. März 2009

Bücher 2009, Teil 2

Und weiter ging es im Februar:

11. Siegfried Lenz, "Deutschstunde"
Ein Klassiker, den ich schon (fast) immer mal lesen wollte. Zweimal hatte ich auch schon damit angefangen (ein Exemplar des Buches steht im Bücherschrank der Eltern), jetzt lag das Buch so einladend auf dem "Angebotstisch" der Stadtbibliothek herum. Siggi Jepsen ist der Sohn des Dorfpolizisten aus einem Dorf in Nordfriesland irgendwo an der Küste. Er sitzt in einer Besserungsanstalt für schwerzerziehbare Jugendliche und soll eine Strafarbeit zum Thema "Die Freuden der Pflicht" schreiben. Er schreibt über seine Kindheit in den letzten Jahren des Zweiten Weltkriegs. Da erhielt sein Vater den Auftrag, das Malverbot für den berühmten Maler Nansen zu überwachen und durchzusetzen. Spannend. Verstehe gar nicht mehr, warum die ersten beiden Anläufe immer schon nach den ersten zwei, drei Seiten gescheitert sind. :-o

12. E.T.A. Hoffmann, "Der Sandmann"
Das Buch war eine Leihgabe, die schon eine ganze Weile in meinem Regal herumlag. Nathanael glaubt, in dem Optiker Coppola den finsteren Dr. Coppelius wiederzuererkennen, den er für den Tod seines Vaters (starb bei einem alchemistischen Versuch) verantwortlich macht. Außerdem verliebt er sich unsterblich in Olimpia, die Tochter seines Professors, ohne zu bemerken, dass es sich dabei um einen Automaten handelt. Stattdessen hält er ihre "Achs", mit denen sie sein Geschwätz kommentiert, für Anzeichen ihres tiefsinnigen Wesens., und fühlt sich von ihr verstanden. Als er seine Täuschung erkennt, wird er darüber wahnsinnig. Hm. Obwohl lange vor Freud geschrieben, hat Hoffmann da doch eine nette Charakterstudie hingelegt. Der allmähliche Wahnsinn wird plausibel geschildert. Eine kurze Erzählung, die ich in ebenso kurzer Zeit durchgelesen hatte.

13. E.T.A. Hoffmann, "Das Fräulein von Scuderi"
Zusammen mit dem "Sandmann" in einem Band. Eine merkwürdige Mordserie hält das Paris unter Ludwig XIV in Atem: Liebhaber, die des Nachts mit einem kostbaren Schmuckstück als Geschenk zu einem heimlichen Rendezvous unterwegs sind, werden ermordet und um ebendies Schmuckstück beraubt. Der Polizei gelingt es nciht, die Bande zu fassen, und erst dem alten Fräulein von Scuderi einer Dichterin, gelingt es, das Rätsel zu lösen. Ich hab' die Geschichte damals in der 8. oder 9. Klasse im Deutschunterricht lesen müssen und habe sie gehaßt. Hoffmann ist einfach nichts, was man im Alien-Alter lesen sollte. In meinem Fall kam noch der Deutschlehrer als weiterer Lektüre-Verderbungs-Faktor hinzu. Also, so schlecht wie ich sie damals fand, ist die Erzählung definitiv nicht, aber Hoffmann etwas schwülstige Erzählweise ist doch recht, sagen wir, gewöhnungsbedürftig. Hier noch schlimmer als beim Sandmann. Aber hinter dem ganzen romantischen Schwulst kommt eine doch recht spannende Krimihandlung hervor.

14. Ian Rankin. "Das zweite Zeichen"
Der 2. Fall mit Inspektor Rebus. In einem heruntergekommenen Viertel von Edinburgh wird in einem noch mehr heruntergekommenen Haus ein toter Junkie gefunden. Zuerst sieht alles nach einer Überdosis aus, aber dann stellt sich heraus, daß die Überdosis vor allem in einer Überdosis Rattengift bestanden hat. Außerdem wurde der Tote mit ausgebreiteten Armen vor einem Pentagramm gefunden. Wieder mal sehr, sehr, sehr spannend.

15. Jane Austen. "Die Abtei von Northanger"
Der einzige Austen-Roman, den ich noch nicht gelesen hatte. Ich schließe mich Sabines Urteil (Nr. 57) an und füge hinzu, daß ich bei keinem der anderen fünf Romane so sehr lachen mußte. Eine höchst gelungene Parodie auf romantische Schauerromane.

16. Ian Rankin. "Die Tore der Finsternis"
Der 13. Fall von Inspektor Rebus, schließt zeitlich genau an "Puppenspiel" an, den ich als erstes gelesen habe (noch letztes Jahr, daher nicht in dieser Liste). Weil er einen Becher Tee nach seiner neuen Vorgetzten geworfen hat, wird er von ebendieser zu einer Nachschulung für "verhaltensgestörte" Polizisten geschickt. Im Rahmen dieser Schulung sollen die Herren einen alten, ungeklärten Mordfall wieder aufrollen - dummerweise einer, an dessen Aufklärung Rebus nicht das geringste Interesse hat. Viel lieber hilft er heimlich seinen Kollegen in Edinburgh bei den aktuellen Ermittlungen. Auch sehr, sehr spannend. So langsam werde ich süchtig.

17. Heinrich von Kleist. "Der zerbrochene Krug"
Dorfrichter Adam ist zu bedauern - eines frühen Morgens muß er seinem Schreiber und seinen Mägden erst erklären, wo über Nacht die Beulen an seinem Kopf her und die Perücke hin gekommen sind, und dann taucht auch noch ein Revisor aus Utrecht auf, der das Gerichtswesen in der Provinz überprüfen soll. Frau Marthe klagt den Verlobten ihrer Tochter Eve an, einen kostbaren Krug zerdeppert zu haben. Der Verlobte behauptet, ein Dritter sei im Zimmer gewesen, habe vor seinem Herannahen die Flucht durchs Fenster angetreten und dabei den Krug zerbrochen. Richter Adam hat nun alle Hände voll zu tun, denn es darf keinesfalls herauskommen, daß er derjenige welche war. Am Ende des Stückes ergreift der Richter erneut die Flucht, das junge Paar kann heiraten, und Frau Marthe wird mit den Scherben zur Revision nach Utrecht ziehen. Lustig.

18. Helen Fielding. "Bridget Jones - Am Rande des Wahnsinns"
Der zweite Band. Bridget ist noch verpeilter als zuvor und gerät in lauter peinliche und/oder komische Situationen. Am Ende wird es dann ziemlich kritisch, als sie im Thailand-Urlaub unwissentlich als Drogenkurier angestellt wird und einige aufregende Tage in einem Thailändischen Frauengefängnis verbringen muß. Aber ihre Freundinnen und vor allem Mark Darcy holen sie wieder raus. Sehr lustig.

19. Kenzaburō Ōe. "Grüner Baum in Flammen"
In einem kleinen Dorf auf Shikoku stirbt eine alte Frau, die Hüterin der Traditionen und Mythen. Zu ihrem Nachfolger hat sie einen jungen Mann erwählt, der von den anderen auch als solcher anerkannt wird. Zu Beginn beginnen sie, in ihm eine Art Erlöserfigur zu sehen, doch dann wenden sie sich gegen ihn. Ein philosophisches Buch über die "Belange der Seele". Hat mir sehr, sehr gut gefallen.

20. Tina Grube. "Männer sind wie Schokolade"
Die Autorin wollte offenkundig die deutsche Antwort auf "Bridget Jones" finden. Leider war sie damit nicht erfolgreich. Dieses Buch ist nicht witzig, nicht interessant, sondern einfach nur belanglos.

21. "Tales of the Old Todaiji"
Ein schmales Büchlein, das ich bei einem Besuch in Nara gekauft hatte. Das mußte endlich mal gelesen werden. Eine Sammlung von Erzählungen rund um den berühmten Tempel Todaiji, in denen es meistens um fromme Menschen und Wundererzählungen geht. Buddhistischer Hintergrund, aber die Erzählungen könnte ich mir auch gut mit christlichen Mönchen als Hauptpersonen vorstellen.

Sonntag, 1. Februar 2009

Bücher 2009, Teil 1

Sabine hat mich auf die Idee gebracht: einfach mal alle Bücher aufschreiben, die man im vergangenen Jahr gelesen hat. Nun ist 2009 zwar noch lange nicht rum, aber der Entwurf in Word nimmt schon epische Ausmaße an. Also mache ich Monatsrückblicke daraus. И вот они:

1. Stefan Aust. "Der Baader-Meinhof-Komplex.
Weihnachtsgeschenk von Muttern. Sehr spannend. So gut habe ich die Abläufe von damals noch nie erklärt bekommen. Endlich weiß ich mal etwas mehr über die RAF. Nur warum sie zum "bewaffneten Kampf" übergegangen sind, das kann ich immer noch nicht nachvollziehen. Liegt aber nicht am Buch.

2. Ian Rankin. "Das Souvenir des Mörders"
Der 8. Band mit Inspektor Rebus aus Edinburgh. Spannende Unterhaltung. Hatte Ende des letzten Jahres erstmals ein Buch der Reihe gelesen (Nr. 12, "Puppenspiel") und war begeistert. Inspektor Rebus ist ein hervorragender Ermittler, leider mit dem Hang zu Alkohol und der Fähigkeit, sich wegen seiner Alleingänge bei Vorgesetzten und Kollegen unbeliebt zu machen. Dieses Mal treibt ein Serienmörder sein Unwesen in Schottland, der einen anderen, älteren Serienmörder kopiert. Das findet dieser gar nicht witzig, und so sucht nicht nur die schottische Polizei nach Johnny Bible, sondern auch der nie gefaßte Bible John höchstpersönlich.

3. Anthony Trollope. "Septimus Harding, Vorsteher des Spitals zu Barchester"
Ein Gesellschaftsroman aus dem England des 19. Jahrhunderts. Leicht und humorvoll geschrieben, mit vielen ironischen Seitenhieben auf die Geistlichkeit der anglikanischen Kirche, der mehr an den eigenen Pfründen als am Wohl der Allgemeinheit gelegen ist.

4. Kenzaburō Ōe. "Tagame Berlin-Tokyo"
Der Filmemacher Gorō hat sich umgebracht. Sein Freund und Schwager, der Schriftsteller Kogito (auch das Alter ego des Autors) versucht, herauszufinden, warum. Vor seinem Tod hat Gorō ihm unzählige Kassetten besprochen. Mithilfe des Kassettenrekorders führt Kogito die zu Gorōs Lebzeiten geführten Gespräche über Kunst, Literatur, das Leben und die gemeinsame Jugend in Matsuyama unter der amerikanischen Besatzung fort. Ōe ist Japaner und Literaturnobelpreisträger - höchste Zeit, daß ich mal was von ihm lese. Dieses hier ist ein sehr, sehr schönes Buch über eine Männerfreundschaft.

5. Helen Fielding. "Schokolade zum Frühstück"
Eine total verpeilte Mittdreißigerin sucht den Mann fürs Leben, flüchtet vor ihrer durchgeknallten Mutter und kämpft mal mehr, mal weniger beharrlich mit ein paar überzähligen Pfunden (die für mich eher nach eingebildetem Übergewicht aussehen, es sei denn, Bridget Jones wäre mindestens zehn Zentimeter kleiner als ich). Sehr amüsant und gut zwischendurch zu lesen.

6. Dorothy Sayers. "Der Fall Harrison"
Zwar nicht mit Lord Peter Wimsey, aber trotzdem gut und genau das richtige für eine Bahnfahrt Berlin - B.O. Zwei Künstler mieten sich in einem Haus in Bayswater ein. Die andere Wohnung gehört dem Ehepaar Harrison. Der Maler beginnt bald eine Affäre mit der jungen Mrs. Harrison. Ihr älterer Mann bemerkt nix und freundet sich seinerseits ebenfalls mit dem Maler an, lädt in sogar zu einem gemeinsamen Männerurlaub in seine Jagdhütte ein. Dort stirbt Harrison an einer Pilzvergiftung. Unfall oder Mord? Frauen schreiben einfach die besten Krimis, Engländerinnen die allerbesten, und Dorothy Sayers gehört schlicht zu den Klassikern.

7. Mark Spörrle, Lutz Schumacher. "senk ju vor träwelling"
Zu Weihnachten von meinem Brüderchen geschenkt bekommen. Vieles in dem Buch scheint übertrieben - bis man dann im Zug sitzt und den kryptischen Durchsagen lauscht. Im Schlußteil des Buches geht es dann um die lieben Mitreisenden. Da konnte ich mir das Lachen endgültig nicht mehr verkneifen. Glücklicherweise saß ich da schon in Berlin im Bus, und in Berlin darf ja bekanntlich jeder so durchgeknallt sein, wie er will.

8. Wolf Schneider. "Deutsch! Ein Handbuch für attraktive Texte"
Der Autor ist selbst Journalist und hat lange die Hamburger Journalistenschule geleitet. Die Ratschläge kommen also aus der Praxis und sind wirklich gut. Zum Beispiel der: erst mal alles vergessen, was man im Deutschunterricht zum Thema Aufsatz (und dann an der Uni zum Thema Seminararbeit) gelernt hat. Das wichtigste am Schreiben: den Leser da abholen, wo er ist, und nicht da, wo man ihn gerne hätte. Ich werde versuchen, mir seine Ratschläge ("Rezepte" nennt er sie) zu Herzen zu nehmen. Daß ich einen Hang zum Kettensatz habe, weiß ich ja eigentlich auch schon lange.

9. Philip Roth. "Mein Leben als Sohn"
Ergreifend. Roth in Höchstform. Das erste Buch von ihm, das ich gelesen habe, war "Der menschliche Makel". Einfach genial. Also habe ich noch einige andere von ihm gelesen, von denen mich die letzten beiden ("Mein Leben als Mann" und "Jedermann") einfach nur gelangweilt haben. Unerträglich ist dieses Selbstmitleid, in dem der jeweilige Protagonist sich da wälzt. Aber wegen der Sprachgewalt des "menschlichen Makels" habe ich Roth doch wieder eine Chance gegeben ("Amerikanisches Idyll" und "Mein Mann, der Kommunist" waren auch klasse) und es nicht bereut. "Mein Leben als Sohn" ist kein Roman, sondern der ungeschminkte Bericht vom Sterben des Vaters. Herman Roth ist 86 Jahre alt, als ein Hirntumor bei ihm entdeckt wird, der zwei Jahre später zu seinem Tod führt. Durch die Krankheit verwandelt sich der einst herrische Mann, der nichts lieber tut, als Befehle zu geben, allmählich in ein hilfloses Wesen, und plötzlich muß der Sohn die Befehle erteilen.

10. Vier Reiseführer über Schleswig-Holstein und ein Buch über das Wattenmeer. Die führe ich nicht einzeln auf, weil ich sie nicht alle durchgelesen habe, sondern mir aus jedem nur einzelne Abschnitte zu Gemüte geführt habe. Brauche ich für meine Arbeit.

Mittwoch, 6. August 2008

Grau ist alle Theorie

Ich erwähnte es bereits: neben einem ganzen Schwung Belletristik habe ich beim letzten Mal auch ein Sachbuch aus der Bücherei nach Hause getragen, welches den schönen Titel „Zahlentheoretische Kostproben“ trägt, und das es deshalb in meinen Bücherkorb geschafft hat, weil es mich neugierig gemacht hat. Auf dem Umschlagtext heißt es:
„Die Zahlentheorie ist die ‚Königin’ der Mathematik. Sie vermag mehr zu faszinieren als jedes andere Teilgebiet.“
Ich war durchaus bereit, mich faszinieren zu lassen, zumal der Autor in der Einleitung schreibt:
„Es muss an Kenntnissen vorausgesetzt werden, was ein Abiturient normalerweise lernt oder was davon, einschränkend gesagt, hängen blieb oder doch hängen geblieben sein sollte.“
Nun bilde ich mir ein, damals im Mathe-Grundkurs von Karl Koyote nicht völlig erfolglos gewesen zu sein, und die Noten auf dem Abiturzeugnis bestätigen das auch (*hüstel*). Das erste Kapitel (Der Mathematiker als homo ludens) ließ sich auch gut an. Was genau sind Zahlen, und wo fängt die Spielerei an?

Mit etwas ganz harmlosem, den Palindromen, also Zahlen, die vorwärts wie rückwärts gelesen gleich lauten. (Gibt es auch mit „richtigen“ Sätzen, der berühmteste ist wohl „Ein Neger mit Gazelle zagt im Regen nie“ und stammt von Schopenhauer.) Das an sich ist ja noch simpel, man nimmt einfach eine Zahl, z.B. 8 und baut vorne und hinten jeweils die gleiche Zahl an, z.B. 5, und schon hat man ein Palindrom: 585.
Aber jetzt wird es interessant: Die meisten natürlichen Zahlen lassen sich zu Palindromen umformen, indem man die vorwärts gelesene zur rückwärts gelesenen addiert. In der Regel muß das natürlich einige Male wiederholt werden. Beispiel: 59 + 95 = 154; 154 + 451 = 605; 605 + 506 = 1111. Die Zahl der Schritte ist unterschiedlich. Die Zahlen unter 100 benötigen maximal 4 Schritte, ausgenommen sind das Zahlenpaar 97/79 (6 Schritte) und 98/89, für das man 24 Schritte braucht (entsprechend viele Stellen hat dann auch das Palindrom).
Man vermutet, daß alle natürlichen Zahlen früher oder später bei einer Palindromzahl enden, aber es gibt einige „Problemzahlen“, die erst nach sehr vielen Schritten oder überhaupt nicht das erwartete Palindrom ergeben. Die kleinste ist die 196, für die die Suche bis zu einer Zahl mit 263 Millionen Stellen führte – und noch immer war kein Palindrom gefunden.
Zugegeben: der Fund des Palindroms für die Ausgangszahl 196 dürfte in seiner Bedeutung der eines in China umgefallenen Sacks Reis gleichkommen, aber es ist trotzdem irgendwie interessant.

Interessant fand ich auch eine andere Erkenntnis, die mit der 89 zusammenhängt. Als erstes mußte ich lernen, was eine Quersumme 2. Ordnung ist. Beispiel 45: die Quersumme 1. Ordnung ist 4 + 5 = 9, die Quersumme 2. Ordnung ist 4² + 5² = 16 + 25 = 41. Wenn man das jetzt entsprechend oft wiederholt (also z.B. 4² + 1² usw. berechnet), landet man immer entweder bei 1 (und da geht’s einfach nicht weiter) oder bei 89. Von der 89 kommt man nach 8 Schritten immer wieder zur 89 zurück.
Auch hier dürfte die praktische Bedeutung der Erkenntnis gegen Null tendieren, aber es ist halt ein Rätsel und gibt der Mathematik direkt was Mystisches.

Darum ging es also im ersten Kapitel des Buches, und nachdem ich da schon überall gut mitgekommen war und es auch durchaus nicht uninteressant fand, las ich weiter. Da kamen die Primzahlen an die Reihe. Und was soll ich sagen: beim ersten Absatz mußte ich zwar etwas länger nachdenken, bis ich verstanden hatte, worauf der Autor hinauswill, aber beim zweiten Absatz fingen die Probleme an. Der geht so:
„Aus der entsprechenden Verallgemeinerung folgt sogleich, dass es eine letzte Primzahl nicht geben kann. Es ist ferner, wie sich von selbst versteht, damit eine obere Schranke für die (n + 1)-te Primzahl gegeben, denn es muss sein: pn + 1 p1p2p3 ∙∙∙ pn – 1, p1 = 2, p2 = 3, p3 = 5 usw.“
Ich meine inzwischen kapiert zu haben, daß sich diese obere Schranke auf die Höchstzahl der Stellen einer Primzahl bezieht, bin mir aber nicht sicher. Und vor allem nervt mich dieses „wie sich von selbst versteht“. Es folgt dann eine lange Folge von unübersichtlichen Formeln, die lauter p1s, p2s etc. enthält. Da bin ich ausgestiegen. Weitere Versuche, in den späteren Kapiteln (Themenwechsel!) den Wiedereinstieg zu schaffen, sind gescheitert. Anscheinend reicht das, was von meinem Abiturwissen (immerhin auch schon 11 Jahre her) hängengeblieben ist, doch nicht aus.
Vielleicht meinte der Autor ja LK-Abitur-Rest-Wissen, wer weiß. Dann hätte er das aber auch so hinschreiben sollen. Das Buch ist jetzt jedenfalls ad acta gelegt. Ja, ich habe kapituliert. Fürs erste. Wer weiß, vielleicht finde ich ja mal eins, das mir das besser erklärt.

Geblieben ist jedenfalls das Wissen, daß die 89 eine besondere Zahl ist. Und wer weiß, vielleicht kann ich das Wissen mal zum Klugscheißen benutzen. *g*

Freitag, 25. Juli 2008

Vorratshalle


In den letzten Tagen habe ich mein tägliches Internetpensum (ich krebse hier immer noch mit einer Modemverbindung und 30 Freistunden im Monat herum :-( ) anderweitig gebraucht, aber jetzt geht es hier wieder weiter.

Am Dienstag habe ich wieder einmal die Stadtbibliothek aufgesucht, in meinem Fall ist das Mittelpunktbibliothek Schöneberg, die Theodor-Heuss-Bücherei. Sympathischer Name, der Kasten dürfte aber gerne mal etwas freundlicher gestaltet werden. Heller vor allem. Was sich zugegebenermaßen bei dunkelroten Ziegelwänden in der Eingangshalle nicht so einfach durchführen läßt. Davon abgesehen, ist sie wirklich in Ordnung, und ich trage auch regelmäßig einen ganzen Schwung Bücher rein und wieder raus. Da habe ich zum einen eine ellenlange Liste im Kopf mit Büchern/Autoren, die ich schon immer mal lesen wollte, und was mir davon gerade einfällt, wenn ich ehrfürchtig an den Regalen vorbeischreite, wird gezielt gesucht. Daneben gibt es auch immer wieder Bücher, die mir ins Auge fallen, mich spontan ansprechen und ebenfalls mitgenommen werden.

Am Dienstag habe ich folgende Bücher zurückgegeben (hätte noch bis Montag Zeit gehabt, aber ich brauchte neues Lesefutter):
  • "Klima und Kulturgeschichte" von einem englischen oder amerikanischen Wissenschaftler, dessen Name mir leider wieder entfallen ist - interessantes Thema, aber erstens schon 1982 geschrieben und zweitens doch zu trocken geschrieben, ich habe es nur zum Teil gelesen
  • "Der Mond ist kein Kochtopf" - eine Sammlung von Reiseessays von Viktor Jerofejew, von denen einige ganz witzig waren, aber mir hat der einleitende Text über das Reisen an sich mit Abstand am besten gefallen
  • "Ingrid Babendererde: Reifeprüfung 1953" - der Erstlingsroman des von mir hochgeschätzten Uwe Johnson, einfach gut
  • "Die verschwundene Miniatur" - eine amüsante Kriminalgeschichte von Erich Kästner, die zwar eher für Erwachsene geschrieben wurde, sich aber dennoch so leicht und locker liest wie "Das doppelte Lottchen"; hat mir sehr gut gefallen (war aber auch schon nach zwei Stunden durch damit)
  • "Alexis Sorbas" von Niklas Kazantzakis - der klassische Fall eines Buches, das ich immer schon mal lesen wollte und nun zufällig sichtbar im Regal stand; eine schöne Geschichte einer Männerfreundschaft, die ich mit großem Vergnügen gelesen habe
  • "Das grüne Akkordeon" von E. Annie Proulx - nachdem ich im letzten Jahr ihren Roman "Schiffsmeldungen" verschlungen habe, wollte ich mehr von ihr lesen, und das war das einzige, was gerade da war, also mitgenommen und verschlungen - klasse!
  • zwei Syltreiseführer (Arbeit)

Ausgeliehen habe ich folgendes:
  • "Reise in den siebten Himmel" von Ljudmila Ulitzkaja - wollte ich immer schon mal lesen, habe auch schon angefangen und dabei mehr über die möglichen Methoden eines illegalen Schwangerschaftsabbruch erfahren, als ich jemals wissen wollte (*würg*), davon abgesehen ist es aber, wie eigentlich alle Bücher von Ulitzkaja, eine wunderschöne Familiensage vor dem Hintergrund der sowjetischen Geschichte
  • "Das schwarze Buch" von Orhan Pamuk - "Schnee", das Buch, für das er den Nobelpreis bekommen hat, war nicht da, und "Rot ist mein Name" habe ich schon mal gelesen
  • "Abschied von Gülsary" von Tschingis Aitmatow - der kirgisische Schriftsteller ist vor kurzem leider gestorben; zu dem Buch habe ich vor Jahren mal den Film gesehen
  • "Die Klage des Zugvogels", auch von Aitmatow - wenn schon, denn schon
  • "Die Liebe der Anne Elliott oder Überredungskunst" von Jane Austen - KLASSE!
  • "Ein verwunschenes Haus" - ein Erzählband von Virginia Woolf - vor kurzem las ich mit größter Begeisterung Michael Cunninghams "Die Stunden" (auf dem wiederum der wunderbare Film "The Hours" basiert), und da "Mrs. Dalloway" gerade nicht da war, mußte ich was anderes nehmen
  • "Traumpfade" von Bruce Chatwin - gehört auch zur Edition der Süddeutschen Zeitung, und ich war einfach neugierig
  • "Zahlentheoretische Kostproben" von Theo Kempermann - reine Neugier

Montag, 26. Mai 2008

Geschafft!

Gestern abend (bzw. ganz früh heute morgen) war es geschafft: ich habe Uwe Johnsons "Jahrestage" zum dritten Mal durchgelesen. 1.891 Seiten innerhalb von einem knappen Vierteljahr. Und ich habe es sicher nicht zum letzten Mal gelesen. So in ein, zwei Jahren fange ich garantiert noch einmal damit an.
Wie bin ich auf das Buch gekommen? Durch die geniale Verfilmung durch Margarethe von Trotta, die Ende 2000 (?) als Vierteiler im Fernsehen lief. (Bei der Wiederholung habe ich alles auf Video aufgenommen.) Gesine Cresspahl wird für mich auf ewig wie Suzanne von Borsody aussehen. Jedenfalls bestellte meine Mutter sich daraufhin das Buch, gelesen habe ich es dann während meines Heimaturlaubs in den Semesterferien. Zwei Wochen habe ich dafür gebraucht, in der Zeit aber auch nichts anderes mehr geschafft. Die Seminararbeit zum Beispiel, die ich erst mit enormer Verspätung fertiggestellt und abgegeben habe. Machte aber nix, an der Rostocker Slawistik waren die Dozenten froh über jede Hausarbeit, die sie bekommen haben.
Für den zweiten Durchgang 2004/5 habe ich mir mehr Zeit genommen. Jeden Abend ein paar Seiten vor dem Schlafengehen. Nach einem Vierteljahr war ich durch. So wie dieses Mal. Nur daß ich jetzt immer mit Pausen lesen mußte. Ich habe mir die "Jahrestage" nämlich aus der hiesigen Stadtbibliothek ausgeliehen, und dort hat man noch die ursprüngliche Ausgabe in vier Bänden. Die ich, nebenbei gesagt, auch besser finde. Aus rein praktischen Erwägungen. Erstens liest sich ein 500-Seiten-Taschenbuch doch schneller durch als ein 2000-Seiten-Wälzer, der trotz Drucks auf bibeldünnem Fisselpapier immer noch Gewicht und Ausmaße eines Ziegelsteins hat. Das ist psychologisch viel geschickter, wenn man anhand des Lesezeichens die quantitativen Fortschritte in der Lektüre beobachten kann. Außerdem läßt sich ein normalformatiges Taschenbuch auch viel besser in der Hand halten. Und es paßt in die Handtasche. ;-)
Was mag ich an dem Buch? Die Sprache. Die ist anfänglich zwar etwas umständlich, aber sobald man sich daran gewöhnt hat, mag man gar nichts anderes mehr lesen. An anderer Stelle habe ich mal gelesen, Uwe Johnsons Texte seien eigentlich viel besser fürs Vorlesen geeignet. (Weswegen ich - das gebe ich gerne zu - mir ab und zu selbst vorgelesen habe, um diese Sprache auch wirklich einmal zu HÖREN.)
Dann mag ich die Geschichte, die Verknüpfung der Gegenwart (= des Lebens in New York 1967/68) mit der Erzählung von Kindheit und Jugend in Mecklenburg, erst im Dritten Reich, dann unter sowjetischer Besatzung und schließlich in der neugegründeten DDR. Da steckt sooo viel Zeitgeschichte drin, manchmal dargestellt durch Wiedergabe der Artikel in der New York Times, mal durch Schilderung einer einzelnen Person, sei es Erwin Knoop in Mecklenburg oder Ginny Carpenter in New York. Das Buch ist so wahnsinnig vielschichtig, daß es nie langweilig wird. Wie gesagt, ich habe es nicht zum letzten Mal gelesen.