Dienstag, 1. September 2009

Bücher 2009, Teil 8

Und weiter ging es im August:

68. John Updike. "Sucht mein Angesicht"
Die Malerin Hope, fast 80 Jahre alt, empfängt die junge Journalistin Kathryn in ihrem Haus. Das Interview wird zu einer Art Duell der beiden Frauen. Kathryn will alles wissen: über Hopes drei Ehen (die ersten beiden mit zwei berühmten Malern), ihre Affären, die Beziehung zu ihren Kindern, besonders zur Tochter, und auch über die Kunst. Hope selbst möchte möglichst wenig persönliches preisgeben. Wer sich für moderne Kunst und ihren theoretischen Unterbau bzw. die Debatten darüber interessiert, für den ist das Buch sicher lesenswert. Ich fand es eher langweilig.

69. George Orwell. "1984"
Beängstigend.

70. Tschingis Aitmatow. "Dschamilja"
Louis Aragon nannte die Erzählung "die schönste Liebesgeschichte der Welt". Und da hat er recht. Ich habe das schmale Buch schon sooo oft gelesen, und es ist immer wieder einfach nur schön.

71. Siegfried Lenz. "Schweigeminute"
Ein Bestseller des vergangenen Jahres - und zu Recht! Die junge Englischlehrerin Stella ist bei einem Segelunglück schwer verletzt worden und kurz darauf gestorben. In ihrer Schule findet eine Trauerveranstaltung statt. Der Schüler Christian trauert während dieser Gedenkveranstaltung auf seine Weise um Stella, mit der er ein Verhältnis hatte. So schön und zurückhaltend erzählt.

72. Harald Lesch, Jörn Müller. "Weißt du, wie viel Sterne stehen? Wie das Licht in die Welt kommt"
Ein populärwissenschaftliches Buch über die Sterne - "Geburt", "Leben" und "Tod". Nicht immer ganz einfach, aber hochinteressant. (Ich denke, es dürfte mittlerweile aufgefallen sein, daß ich das Thema Astronomie und Astrophyisk ziemlich spannend finde, auch wenn ich kaum was davon verstehe.) Sehr leserfreundlich ist auch, daß die beiden Autoren (beides Astrophysiker) einen erfreulichen Mut zur Lücke haben und darauf verzichten, den Laien mit komplizierten Erklärungen aus der noch viel komplizierteren Quantenphysik verschonen und statt dessen auf weiterführende Literatur verweisen. Jedenfalls bin ich, glaube ich, wieder ein klitzekleines bißchen klüger geworden. :-)

73. Kathy Reichs. "Knochenarbeit"
Von Rankin war kein ungelesenes Buch mehr zu finden gewesen, und dies hier stand so günstig in der Regalreihe darunter. ;-) Es ist der 2. Band (Nr. 1 war nicht aufzutreiben) aus einer umfangreichen Krimireihe um die forensische Anthropologin Tempe Brennan, die abwechselnd in North Carolina und Quebec arbeitet. Mitten im tiefsten kanadischen Winter werden auf einem niedergebrannten Hof in einem abgelegenen Ort bei Quebec sieben Leichen gefunden. Erstaunlicherweise führen die Spuren zu einer Sekte nach North Carolina. Spannend erzählt, guter Griff ins Bücherregal.

74. Arundhati Roy. "Der Gott der kleinen Dinge"
Auch eines dieser Bücher, die ich immer schon mal lesen wollte. Erzählt wird die Geschichte einer syrisch-christlichen Familie in Kerala. 1969 sind die Zwillinge Ezra und Rahel sieben Jahre alt, als ihre Cousine Sophie Mol (Tochter aus der geschiedenen Ehe ihres Onkels) mit ihrer Mutter aus England die Weihnachtsferien bei der Verwandtschaft in der südindischen Kleinstadt verbringt. Die Mutter der Zwillinge, seit Jahren geschieden und entsprechend von Gesellschaft und Familie geächtet, beginnt eine Affäre mit einem Mann aus der Kaste der Unberührbaren. Als die Affäre ans Licht kommt, zerbricht die Familie darüber. Ein fantastisches Buch!! Die eigentlich recht düstere Geschichte wird so farbenfroh und lebendig erzählt, daß man gar nicht mehr aufhören kann zu lesen.

75. Christa Wolf. "Nachdenken über Christa T."
Christa T. ist nur 31 Jahre alt geworden. Ihre Freundin blickt auf das Leben der jungen Frau zurück, mit der sie einst zur Schule ging und der sie eher zufällig nach dem Krieg beim Studium wiederbegegnet. Anhand von Briefen, Tagebucheinträgen, Notizen und angefangenen Erzählungen entsteht das Bild einer träumerischen jungen Frau, die ihren Weg und ihre Berufung im Leben sucht und mit ihrem Idealismus bei Schülern und Kollegen oft auf Unverständnis stößt. Wie in "Kindheitsmuster" ist auch das ein sehr reflektiver Roman, der sich auch mit der Erinnerung an sich beschäftigt.

76. Chinua Abebe. "Heimkehr in ein fremdes Land"
Vor Jahren habe ich den Roman "Okonkwo oder der Fall des Alten" gelesen und war sehr beeindruckt. In diesem Roman geht es um Obi Okonkwo, den Enkel, der dank eines Stipendiums in England studieren kann und nach seiner Rückkehr nach Nigeria eine Stelle im Bildungsministerium erhält. Er verliebt sich in eine junge Krankenschwester, doch seine Familie ist gegen die Heirat. Die Rückzahlung des Stipendiums, Steuern und Verpflichtungen gegenüber der Familie bringen weitere Schwierigkeiten, so daß Obi letztlich doch der allgegenwärtigen Korruption erliegt.

77. Siegfried Lenz. "Das serbische Mädchen"
Eine Sammlung verschiedener Erzählungen - mal heiter, mal traurig, mal nachdenklich. Mich haben sie unterschiedlich beeindruckt. Die einen mehr, die anderen weniger. Am schönsten fand ich die Erzählung "Die Kunstradfahrer", in der ein Junge heimlich und verbissen trainiert, bis er mit dem alten Fahrrad seines Vaters ebensolche Kunststücke fertigbringt wie die beiden Kunstradfahrer Paul und Wim. Eine herrliche Satire ist "Das Preisausschreiben" - die Aufgabe lautete, in einer Erzählung Verständnis und Sympathie für die Arbeit der Geheimpolizei zu wecken. Der Ich-Erzähler beschreibt eine Woche im Leben seines Schwagers, der tatsächlich bei der Geheimpolizei arbeitet, gewinnt und erhält einen eher unerwarteten Preis.

78. Siegfried Lenz. "Das Vorbild"
Ein alter Schuldirektor, ein Lehrer und eine Lektorin treffen sich zum xten Mal in Hamburg, um über die Texte für das 3. Kapitel eines Deutschlesebuchs zu beraten. Ein Vorbild für die Jugend soll gefunden und anhand eines Textes vorgestellt werden. Nachdem sie sich wieder nicht auf ein Vorbild einigen konnten, stoßen sie durch Zufall auf die Geschichte der Lucy Beerbaum. Die in Griechenland geborene Biologieprofessorin hatte aus Solidarität mit ihren nach dem Militärputsch inhaftierten griechischen Freunden und Kollegen deren Haftbedingungen ebenfalls auf sich genommen - in ihrem Hamburger Haus allerdings - und war schließlich in der selbstgewählten Isolation gestorben. Parallel zur Geschichte von Lucy erfahren wir mehr über die drei Kommissionsmitglieder: der eine versucht den Selbstmord seines Sohnes zu begreifen, der andere trauert seiner gescheiterten Ehe hinterher, und die dritte kümmert sich um einen kranken Vetter. Hochinteressantes Buch, das mehr als nur ein "Vorbild" zeigt.

79. Tschingis Aitmatow. "Ein Tag länger als das Leben"
Schneesturm-Edige, Arbeiter an einer kleinen Ausweichstation mitten in der kasachischen Steppe, macht sich mit ein paar Kollegen auf, um seinen alten freund und Kollegen zu beerdigen. Auf dem Weg zum entfernten Friedhof blickt Edige auf sein Leben an der Ausweichstation zurück: die traurige Geschichte von Abutalip Kuttybasew, der Anfang 1953 in die Mühlen des stalinistischen Terrors gerät, das harte Leben in der Steppe, die alten kasachischen Sagen, die Abutalip für seine Kinder aufschreiben wollte. Gleichzeitig ruft ein rätselhafter Zwischenfall an Bord der amerikanisch-sowjetischen Orbitalstation "Parität" eine Krise hervor, die beide Mächte an den Rand des Krieges bringt. Was die Raumfahrtepisoden nun genau bezwecken, hat sich mir schon beim ersten Lesen vor einigen Jahren nicht so ganz erschlossen. Dennoch: es ist ein fantastisches Buch, dessen Grundthematik noch heute aktuell ist: die Ignoranz des modernen Menschen gegenüber der Natur und den Traditionen.

2 Kommentare:

BigBadJohn hat gesagt…

Wolltest Du nicht "Hasenherz" von John Updike lesen?

Ute hat gesagt…

Der dritte Band war gerade ausgeliehen, da habe ich halt ein anderes Buch von Updike genommen. Und dann festgestellt, daß es erst mal reicht.