Montag, 26. Mai 2008

Geschafft!

Gestern abend (bzw. ganz früh heute morgen) war es geschafft: ich habe Uwe Johnsons "Jahrestage" zum dritten Mal durchgelesen. 1.891 Seiten innerhalb von einem knappen Vierteljahr. Und ich habe es sicher nicht zum letzten Mal gelesen. So in ein, zwei Jahren fange ich garantiert noch einmal damit an.
Wie bin ich auf das Buch gekommen? Durch die geniale Verfilmung durch Margarethe von Trotta, die Ende 2000 (?) als Vierteiler im Fernsehen lief. (Bei der Wiederholung habe ich alles auf Video aufgenommen.) Gesine Cresspahl wird für mich auf ewig wie Suzanne von Borsody aussehen. Jedenfalls bestellte meine Mutter sich daraufhin das Buch, gelesen habe ich es dann während meines Heimaturlaubs in den Semesterferien. Zwei Wochen habe ich dafür gebraucht, in der Zeit aber auch nichts anderes mehr geschafft. Die Seminararbeit zum Beispiel, die ich erst mit enormer Verspätung fertiggestellt und abgegeben habe. Machte aber nix, an der Rostocker Slawistik waren die Dozenten froh über jede Hausarbeit, die sie bekommen haben.
Für den zweiten Durchgang 2004/5 habe ich mir mehr Zeit genommen. Jeden Abend ein paar Seiten vor dem Schlafengehen. Nach einem Vierteljahr war ich durch. So wie dieses Mal. Nur daß ich jetzt immer mit Pausen lesen mußte. Ich habe mir die "Jahrestage" nämlich aus der hiesigen Stadtbibliothek ausgeliehen, und dort hat man noch die ursprüngliche Ausgabe in vier Bänden. Die ich, nebenbei gesagt, auch besser finde. Aus rein praktischen Erwägungen. Erstens liest sich ein 500-Seiten-Taschenbuch doch schneller durch als ein 2000-Seiten-Wälzer, der trotz Drucks auf bibeldünnem Fisselpapier immer noch Gewicht und Ausmaße eines Ziegelsteins hat. Das ist psychologisch viel geschickter, wenn man anhand des Lesezeichens die quantitativen Fortschritte in der Lektüre beobachten kann. Außerdem läßt sich ein normalformatiges Taschenbuch auch viel besser in der Hand halten. Und es paßt in die Handtasche. ;-)
Was mag ich an dem Buch? Die Sprache. Die ist anfänglich zwar etwas umständlich, aber sobald man sich daran gewöhnt hat, mag man gar nichts anderes mehr lesen. An anderer Stelle habe ich mal gelesen, Uwe Johnsons Texte seien eigentlich viel besser fürs Vorlesen geeignet. (Weswegen ich - das gebe ich gerne zu - mir ab und zu selbst vorgelesen habe, um diese Sprache auch wirklich einmal zu HÖREN.)
Dann mag ich die Geschichte, die Verknüpfung der Gegenwart (= des Lebens in New York 1967/68) mit der Erzählung von Kindheit und Jugend in Mecklenburg, erst im Dritten Reich, dann unter sowjetischer Besatzung und schließlich in der neugegründeten DDR. Da steckt sooo viel Zeitgeschichte drin, manchmal dargestellt durch Wiedergabe der Artikel in der New York Times, mal durch Schilderung einer einzelnen Person, sei es Erwin Knoop in Mecklenburg oder Ginny Carpenter in New York. Das Buch ist so wahnsinnig vielschichtig, daß es nie langweilig wird. Wie gesagt, ich habe es nicht zum letzten Mal gelesen.

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