Gestern hatte ich den langangekündigten Termin bei „meiner“ Arbeitsvermittlerin. Montagmorgen um 8:30 – Arbeitslose haben ja sonst nichts zu tun, da kann man ihnen auch zu unchristlicher Zeit einen Termin aufs Auge drücken.
Um 8:15 betrat ich den Warteraum bei der Akademikerberatung und traute meinen Augen kaum: irgendwann zwischen Ende November und jetzt hat sich da mal jemand erbarmt und ein paar Blümchen auf die Fensterbank gestellt! Wahnsinn! (Ansonsten ist der Raum noch genau so häßlich wie damals.) Abgesehen von einem Plakat, das über eine Jobmesse für Absolventen der Ingenieurwissenschaften informiert, war Lesestoff Fehlanzeige, aber ich hatte vorgesorgt und ein Buch dabei.
Ich setzte mich also hin und las weiter. Und las. Zwischendrin durfte ich mir eine Unterhaltung zweier leidgeprüfter Arbeitsvermittler anhören („Ich habe heute NUR Erstgespräche!“) und wartete weiter darauf, aufgerufen zu werden.
Irgendwann steckte eine Frau mal ihren Kopf durch die Tür, stellte fest, daß da wer sitzt (ich) und fragte, bei wem ich meinen Termin hätte. „Bei Frau XY.“ Der Kopf verschwand wieder. Auf dem Flur waren Schritte zu hören, Gemurmel, und dann betrat „meine“ Arbeitsvermittlerin den Warteraum. Dieselbe wie damals. Derselbe verwuschelte Haarschopf. Sie entschuldigte sich für die Verspätung und fügte hinzu, gerade von den Kollegen erfahren zu haben, daß das System abgestürzt sei, und jetzt müsse sie erst einmal ihren Computer hochfahren und nachsehen, ob sie überhaupt irgendwelche Informationen aus dem System bekommen könne, aber dann werde sie mich sofort holen. Sie verschwand, und ich warf einen Blick auf die Uhr: 8:45. Super. Was die wohl gesagt hätte, wäre ich zu spät gekommen?..
Gut fünf Minuten später war der Computer hochgefahren, die Dame hatte sich aus ihrem Anorak befreit und ich durfte endlich rein. Ich hatte Ausdrucke aller Bewerbungsschreiben dabei, dazu den Antrag auf Bewerbungskostenerstattung und eine Auflistung aller bisherigen Bewerbungen mit Zwischenstand. Das habe ich abgegeben. Kurz darüber gesprochen, daß ich gerade erst ein Vorstellungsgespräch hinter mir gehabt hätte. Mit Erstaunen stellte die Frau fest, daß ich ja schon relativ viele Vorstellungsgespräche gehabt hätte, prozentual gesehen. Aha.
So, und warum wollte die mich nun so dringend sehen? Weil der letzte Termin schon mehr als drei Monate her ist und sie mir sagen wollte, daß wir solche Gespräche künftig auch telefonisch führen könnten. Ich brauchte also nicht extra nach Neukölln rauszufahren. Ja, spinnen die jetzt komplett?!
Manchmal wünschte ich, ich wäre etwas aggressiver oder würde mich zumindest öfter mal trauen, den Leuten direkt zu sagen, was ich denke ... *seufz*