Montag, 20. Oktober 2008

Tellerrand

"Um einen Blick über den eigenen Tellerrand werfen zu können, muß man erst einmal einen Tellerrand haben" - das war eines der Argumente, mit denen eine Hamburger Philosophie-Professorin (Name vergessen) vor ein paar Jahren in der FAZ ihre Kritik an den neuen Bätscheler-Studiengängen untermauerte. Konkret ging es ihr damit um die IDS-Module (IDS = Interdisziplinäre Studien), welche die B.A.-Studenten dazu verdonnerten, in ihrem eh schon vollgestopften Stundenplan fachfremde Lehrveranstaltungen unterzubringen, damit aus den jungen Leuten ja keine Fachidioten werden. Bei mir und meinem ordentlichen Magisterstudium nannte sich das "Studium generale" und den Nachweis von vier solcher Lehrveranstaltungen - in meinem Fall Sprachkurse und eine VWL-Vorlesung, aus der ich nicht mehr viel in Erinnerung behalten habe - brauchte ich, um in meinem Hauptfach die Zulassung zur Magisterprüfung zu bekommen. Zur Magisterprüfung, wohlgemerkt, im Grundstudium ging es noch ausschließlich darum, die Grundlagen des eigenen Faches zu erlernen. Ganz im Sinne des o.g. Zitats.

Jetzt bin ich schon wieder ziemlich weit abgeschweift. Was ich eigentlich sagen wollte: weil ich dieser an sich schlichten, aber daher schon wieder genialen Aussage hundertprozentig zustimme, habe ich heute für "Pro Reli" unterschrieben. Das ist eine Bürgerbewegung, die mittels Volksbegehren durchsetzen will, daß Religion auch in Berlin ein ordentliches Schulfach wird, gleichberechtigt zu dem hier bislang für alle verpflichtenden Fach "Ethik". Die Schüler, die darüber hinaus konfessionsgebundenen Religionsunterricht besuchen wollen, müssen den zusätzlich belegen - verbunden mit mehr Wochenstunden und unmöglichen Unterrichtszeiten.

Ich habe damals den Religionsunterricht sehr gern gehabt, auch wenn es besonders in der Mittelstufe oft Richtung "Laberfach" abgedriftet ist. Aber wir haben auch was über unsere eigene Religion gelernt und DANACH auch etwas über andere Religionen erfahren. Zunächst einmal über den Katholizismus, danach haben wir mal über das Judentum gelernt, und der Islam war, glaube ich, auch mal dran. Genau so sollte es sein. Erst einmal lernt man die eigene Tradition kennen, danach kann man sich ansehen, was die anderen so treiben. Und wo die Unterschiede sind. Und die Gemeinsamkeiten.

Mal abgesehen davon sind die Inhalte des (christlichen) Religionsunterrichts auch wichtig für das Verständnis der abendländischen (= unserer) Kultur. Malerei, Musik, Literatur - religiöse (christliche) Motive und Themen kommen so oft darin vor, daß das alles ohne zumindest grundlegende Kenntnisse des Christentums gar nicht verstanden werden kann. Zumindest die eine Hälfte. (Zum besseren Verständnis der anderen Hälfte unserer Kultur empfehle ich Gustav Schwabs "Sagen des Klassischen Altertums", und wer danach so richtig schön neugierig geworden ist, darf dann auch die (übersetzten) Originale lesen.)

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