Freitag, 18. Juni 2010

Walla-Walla

In dem Haus, in dem ich wohne, gibt es im Erdgeschoß des Vorderhauses auf der einen Seite eine Arztpraxis, und auf der anderen Seite eine Kneipe. Die stand leer, als ich einzog. Dann wurde sie neu eröffnet, und irgendwann letztes Jahr war sie plötzlich wieder zu.

Dann wurde die Kneipe monatelang umgebaut. Persönlicher "Höhepunkt" für mich war der wunderschöne Morgen, als die Bauarbeiter um kurz nach sieben begannen, eine Wand mit dem Schlagbohrer zu bearbeiten - während ich auf der anderen Seite genau dieser Wand "in Ruhe" frühstückte. Nach einer Stunde machten die Jungs dann in der Kneipeneingangstür erst mal Kaffeepause und ich mich auf den Weg zur Arbeit.

Am anderen Ende der Straße befand sich ebenfalls ein kleines Ladengeschäft - ein Friseursalon, der "astrologische Frisurenberatung" anbot. Eines von den Dingen, bei denen ich mir immer sage: "Ich will's gar nicht wissen..." Im Februar sah der Salon plötzlich etwas arg verlassen aus. Ein handgeschriebener Zettel im Schaufenster verkündete, man sei ausgezogen, erst mal unter der und der Adresse zu finden, und ab April habe man dann wieder einen eigenen Salon in ... "meinem" Haus! Oha.

Ein langlebiges und gerne zitiertes Klischee über Bauarbeiter besagt: letztlich wird es immer teurer und dauert länger. Ob es teurer wurde, weiß ich nicht, aber es hat auf jeden Fall länger gedauert: seit letzter Woche werden in den an meine Wohnung grenzenden Gewerberäumen Haare geschnitten. Vorher mußte der Laden aber noch ordentlich eingeweiht werden - und das im wortwörtlichen Sinne. Abends um viertel vor neun hörte ich plötzlich Trommeln von nebenan - und eine Frauenstimme, die laut irgendetwas jaulte sang, das ich mit "aaaaaahaaaaaaa eeeeeeheeeeeeeee aaaaaahAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAA!" nur unzureichend wiedergeben kann. Dem An- und Abschwellen der Lautstärke zufolge bewegte man sich dabei quer durch die Räume, und nach einer Viertelstunde wurde die schamanische Beschwörung von kurzem begeisterten Klatschen und Juchzen abgelöst. Danach war wieder Ruhe.

Von außen sieht alles noch sehr neu und recht schick aus. Ein paar pseudobuddhistische Figuren sehe ich im Salon rumstehen, wenn ich daran vorbeigehe, und ansonsten scheint alles doch recht dezent auszusehen. Dennoch bleibe ich weiter beim normalen Friseur. Ich halte diesen ganzen Esoterikkram für Unsinn. Wer's braucht, darf sich gerne den Geist vernebeln lassen - Hauptsache, er/sie versucht nicht, mich zu "bekehren". Leben und leben lassen.

Weil ich aber doch ein kleines bißchen neugierig bin, habe ich heute morgen, als ich mal etwas früher als sonst aufstehen und auf meine Mitfahrgelegenheit warten mußte, die Gelegenheit genutzt und mir in Ruhe das Preisschild im Schaufenster studiert. Als ich mit dem Lachen wieder fertig war, kam der Fotoapparat zum Einsatz (Ihr sollt ja auch was davon haben ;-) ):


Das einzig Traurige an der ganzen Sache ist, daß es genug Leute gibt, die für diesen Unsinn noch Geld ausgeben... *seufz*

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