Samstag, 17. März 2007

Durchs politische Berlin

So, und mit nur zweiwöchiger Verspätung gibt es endlich den Bericht über das Wochenende in Berlin.

Samstag, 3.3.2007. Um 6:25 trifft sich ein kleines Grüppchen wackerer SPDler (inklusive einiger Familienmitglieder) von der Lohe und aus Oberbecksen im Bahnhof von Bad Oeynhausen. Der um diese Uhrzeit noch heruntergekommener als sonst aussieht, aber das nur am Rand. Kurze Begrüßung, Klaus, der Kassierer des Ortsvereins Lohe, verteilt die Fahrkarten, und dann begeben sich alle vierzehn (in Berlin stößt Nummer 15 zu uns) auf den Bahnsteig. Der Zug hat - Überraschung! - Verspätung, und weil das Bahnhofspersonal an einem Samstagmorgen offenbar unterbesetzt ist, wird das den Wartenden erst gar nicht mitgeteilt. Wozu auch, sie werden es schon selbst merken, wenn der Zug nicht kommt.

Nach einer knappen Viertelstunde kam der Zug dann doch, und um halb zehn waren wir dann in Berlin. Und zwar am neuen Hauptbahnhof. Unterwegs wurde schon gewitzelt: "Wenn es windig ist, bleiben wir einfach sitzen und steigen erst am nächsten Halt aus." Nicht, daß uns gleich zu Beginn ein paar Stahlträger auf den Kopf knallen. ;-)


Aber eins muß man dem neuen Hauptbahnhof schon lassen: sieht klasse aus. Und er ist RIESIG. Aber die Glasarchitektur bewirkt, daß viel Licht nach innen fällt. Sogar an einem trüben und verregneten Tag wie jenem Samstag. Ich mag moderne Architektur, wenn sie ein bißchen verspielt daher kommt und die Grenze zum Kitsch nicht überschreitet. Ich verstehe zwar nicht viel davon, aber immerhin kann ich sagen, ob mir ein Gebäude gefällt oder nicht. Und der Berliner Hauptbahnhof gefällt mir. Auch wenn sie ruhig den alten Namen "Lehrter Bahnhof" hätten behalten können. Einen Hauptbahnhof hat schließlich jede Stadt. Na ja.

Mit der S-Bahn ging es erst einmal in unser Hotel, das Etap Hotel in der Nähe vom Potsdamer Platz. Zentral gelegen, aber in einer ruhigen Straße, sauber und preiswert - was will man mehr?

Nach einer halben Stunde trafen wir uns wieder und gingen zu Fuß am Potsdamer Platz entlang zum Brandenburger Tor. Die Strecke ist in einer halben Stunde zu schaffen - theoretisch. Praktisch haben wir unterwegs schon immer Fotos gemacht und uns dann auch die Zeit genommen, das Holocaust-Mahnmal zu besichtigen.


Ich muß gestehen, ich war erst ein bißchen enttäuscht, als ich vor dem Stelenfeld stand. Ich kannte es bislang ja nur aus der Zeitung, und von da hatte ich die Stelen größer in Erinnerung.


Aber das Stelenfeld steht in einer kleinen Senke, und ich mußte nur ein paar Schritte hineingehen, und schon war ich von hohen, dicken grauen Betonquadern umgeben. Die Wege zwischen den einzelnen Stelen sind nur einen knappen Meter breit. Wie ich da so stand, fühlte ich tatsächlich eine leichte Beklemmung.

Vom Mahnmal waren es wirklich nur noch ein paar Schritte bis zum Brandenburger Tor.


Um 14:30 sollten wir uns am Eingang zum Reichstagsgebäude treffen. Bis dahin hatten wir noch gut zwei Stunden Zeit, und so teilte sich die kleine Gruppe in noch kleinere Grüppchen auf, die mit unterschiedlichem Tempo in verschiedene Richtungen verschwanden. Ein paar Damen wollten die großen Konsumtempel aufsuchen, während ich (habe ich Geld, das ich im Lafayette verpulvern könnte? nein!) mich ein paar anderen Leuten anschloß und im Nieselregen die Straße Unter den Linden entlang spazierte.



Am anderen Ende der Straße (Hausnummer 2) befindet sich das Berliner Zeughaus, jetzt das Deutsche Historische Museum. Die Besichtigung der neuen Dauerausstellung zur deutschen Geschichte stand für den folgenden Tag auf dem Programm.


Hinter der Schloßbrücke war links der Berliner Dom zu sehen - mit dem Fernsehturm im Hintergrund. Den Dom hatte ich zusammen mit meiner Mutter vor drei (?) Jahren besichtigt, als wir zur MoMa-Ausstellung in Berlin waren. Mitten im Sommer und bei wesentlich besserem Wetter.


Und rechts sahen wir den Palast der Republik, der laut Wikipedia-Eintrag schon seit dem 6. Februar 2006 abgerissen wird. Hm. Weit sind sie damit ja noch nicht gekommen. Aber das ist vielleicht beabsichtigt, denn so kann man sich auch mit der Entscheidung darüber, ob das Schloß wieder aufgebaut wird oder lieber doch nicht, noch etwas Zeit lassen. Doch egal, was Erichs Lampenladen letztlich ersetzen wird - es kann nur schöner werden.

Hinter dem Zeughaus war eine Art Flohmarkt aufgebaut. Wir vermuteten, daß an einigen Buden auch Eßbares angeboten würde, und gingen an den Ständen entlang. Eßbares (Currywurst!!) fanden wir auch, aber erst an der nächsten Straße. Da waren wir schon an der Stadtbahn angelangt und beschlossen, hier langsam in Richtung Reichstag zurückzugehen.


Eine gute Entscheidung, denn sonst hätten wir diese Klimaflüchtlinge wohl gar nicht getroffen.


Pünktlich kamen wir am Reichstag an. Die Schlange am Eingang war relativ kurz, da hatten sich die meisten Besucher wohl vom schlechten Wetter abschrecken lassen. Wir waren aber angemeldet und durften uns an der linken Schleuse anstellen. Pünktlich um halb drei wurden wir reingelassen. Erst mußten wir alle durch die Sicherheitsschleuse, dann fuhren wir in einem Fahrstuhl nach oben zum großen Vorraum der Besuchertribüne. Dort mußten wir (und viele andere Leute) warten, bis die Gruppe vor uns fertig war. Es war keine Plenarsitzung, und deshalb gab es einen Vortrag über Geschichte und Arbeitsweise des Parlaments. Mit Blick auf die leere Regierungsbank.


Und auf die berühmte Kuppel des Reichstagsgebäudes, auf die wir später auch noch steigen wollten. Erstmal galt es aber, den Vortrag der Mitarbeiterin vom Besucherdienst zu überstehen. Die Dame sah etwas, ähm, dröge aus, und das verhieß eigentlich nichts gutes. Eigentlich. Denn als sie den mund aufmachte, entpuppte sie sich als kompetente Rednerin mit einem ausgeprägten Sinn für Humor. Mit anderen Worten: der Vortrag war einfach klasse.

U.a. erfuhren wir, warum man besser nicht einschlafen sollte, wenn man es geschafft hat, sich als Zuhörer bei einer Plenarsitzung anzumelden. "Nun ist es ja so, daß sich die meisten Leute, wenn sie nach Berlin fahren, um den Termin im Bundestag herum ein volles Programm zusammenstellen. Das Bode-Museum und das Pergamon-Museum, Unter den Linden und die Hackeschen Höfe, und abends dann ins Theater oder ins Kabarett - es gibt ja immer ein reichhaltiges Programm hier. Das ist natürlich ganz schön anstrengend. Wir haben auch viele Schulklassen hier. Na ja, und bei Klassenfahrten ist es ja so, daß die regelrechte Wettbewerbe anstellen darüber, wer am längsten ohne Schlaf auskommt. Und wenn die dann endlich hier oben auf der Besuchertribüne sitzen und unten über die neueste Saatgutmittelverordnung debattiert wird ..." Und dann gibt es die Kameraleute vom Mediendienst des Deutschen Bundestags, die sich an eine sehr konservative Bildregie halten müssen und daher froh über jede Abwechslung sind. Auch eine Möglichkeit, an seine 15 Minuten Ruhm zu kommen. *g*

Etwa 45 Minuten dauert so ein Vortrag auf der Besuchertribüne, und während die anderen Besucher im Anschluß sofort mit dem Fahrstuhl zur Kuppel hinauffuhren, blieben wir fünfzehn OWLer zurück und warteten auf unseren Abgeordneten, Wolfgang Spanier.

Eine Stunde sollte das Gespräch mit ihm dauern, und natürlich haben wir etwas überzogen. Anders als bei den meisten anderen Besuchergruppen ging es weniger um Anekdötchen aus der politischen Arbeit, sondern um eine Erörterung der aktuellen Themen. Die Diskussion um die Familienpolitik und die Situation auf dem Arbeitsmarkt wurden angesprochen, aber auch die bevorstehende Abstimmung über den Tornadoeinsatz. Mit Details möchte ich Euch nicht langweilen, aber für uns war es hochinteressant.

Wir hätten noch lange weiterdiskutieren können, aber Wolfgang mußte zum Bahnhof und wir hatten für 18 Uhr einen Tisch reserviert und wollten vorher noch in die Kuppel. Darauf hatte ich mich, ehrlich gesagt, am meisten gefreut, denn ich war zwar schon ein paar Mal in Berlin, aber noch nie in der Kuppel. Und dabei hatten mir einige Leute schon von der Aussicht vorgeschwärmt. Das Wetter war zwar nicht besonders, es dunkelte auch schon etwas, aber immerhin hatte der Regen aufgehört.


Während des Aufstiegs fiel mir auf, daß die Tageslichtspiegel nicht nur das Tageslicht spiegeln, sondern auch die Leute auf der Treppe. Es dauerte dann gar nicht mehr lange, da hatte ich mich entdeckt!


Jeder, den ich ich kenne und der schon mal in der Kuppel war, hatte mir erzählt, wie schön es da oben ist. Dem kann ich mich nur anschließen!!!

Viel Zeit hatten wir leider nicht, also sind wir erst nach oben gegangen, haben vielleicht fünf Minuten lang die Aussicht bewundert, sind wieder nach unten gegangen und mit dem Fahrstuhl in die Eingangshalle zurückgefahren. Wie gesagt, der Tisch war für 18 Uhr reserviert, und mittlerweile hatten alle Hunger. Vor allem aber Durst, denn die Luft im Reichstag ist schon sehr trocken.


Der Weg war nicht weit. Am Paul-Löbe-Haus und dem Marie-Elisabeth-Lüders-Haus (zwei weitere moderne Gebäude, die ich einfach nur schön finde) entlang gingen wir Richtung Bahnhof Friedrichstraße, in dessen unmittelbarer Nähe sich die Ständige Vertretung befindet, wo für uns ein Tisch reserviert war.


Der Laden war voll, aber aufs Essen mußten wir dennoch nicht lange warten. Und in der Zwischenzeit konnten wir die Blicke über die Wände streichen lassen, die über und über mit Politikerfotos gepflastert sind.

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