Sonntag, 7. Januar 2007

Bahnfahren in Deutschland

Dem Kulturschock kann man nicht entkommen, das wußte ich schon seit meinem ersten Auslandsjahr in Moskau (lang, lang ist's her ...). Nach drei Wochen gemütlichstem Abhängen im elterlichen Heim inklusive Weihnachtsfeier war es dann soweit, als ich den Jahreswechsel bei Sabine in München verbrachte.

Dummerweise war ich mit dem Fahrkartenkauf etwas spät dran. Zur Hauptreisezeit sollte man sich mit so was besser sputen, weiß ich selbst. Jedenfalls waren die Sparpreise der zweiten Klasse alle schon ausverkauft. Mußte ich erster Klasse fahren, weil da die Sparpreise günstiger sind als die Normalpreise der zweiten Klasse. So kann es gehen. Zwei Wochen vorher hatte ich mich gerade arbeitslos gemeldet, und schon fahre ich ganz luxuriös in der ersten Klasse nach München. Fürnehm geht die Welt zugrunde.

In der Nacht zum 30.12. haben Diebe bei Köln ein Kupferkabel geklaut und damit den Bahnverkehr rund um Köln lahmgelegt. Darum mußten die Fernverkehrszüge um Köln herumgeleitet werden, konnten nicht durchs Stellwerk fahren und folglich waren die Waggons in umgekehrter Reihenfolge an die Lok angehängt. Das wurde mir später vom Schaffner erklärt. Wenn man einen Sitzplatz am einen Ende des Zuges hat und dieses Zugende plötzlich am anderen Ende des Bahnsteiges hält, dann ist das etwas ungünstig. Zumal dann, wenn das Bahnhofspersonal von B.O. es nicht für notwendig hält, in einer Ansage auf diesen Tatbestand hinzuweisen.

Nachdem ich also mein Köfferchen durch den halben Zug zu meinem Platz geschleppt hatte, konnte ich mich endlich auf meinem Platz niederlassen. Ich muß schon sagen, in der ersten Klasse fährt es sich sehr bequem. Im Abteil hat man selbst dann relative Beinfreiheit, wenn alle anderen Plätze auch besetzt sind. Und im ICE kommt das Bordpersonal regelmäßig vorbei, um Bestellungen für das Bordbistro aufzunehmen. Der Kaffee wird in richtigen Tassen serviert.

Auf der Rückfahrt hatte der ICE von München nach Hannover zwei Minuten Verspätung - na, ich will mal nicht kleinlich sein. Es hätten auch drei sein können, und wer erinnert sich nicht an diesen unsäglichen Werbespruch "Drei Minuten sind drei zuviel!", der damals im Freundeskreis mit "Wenn' s man nur drei Minuten wären!!" kommentiert worden ist. Außerdem fuhr der IC von Hannover nach B.O. auch verspätet ein, dieses Mal wegen eines technischen Schadens, aufgrund dessen erst ein neuer Zug bereitgestellt werden mußte und dann auch mit umgekehrter Waggonfolge am Bahnsteig einfuhr. Wenn man einen Sitzplatz am einen Ende des Zuges hat ... (s.o.)

Wenigstens wurde das in Hannover auch angekündigt. Intelligenterweise genau in dem Moment, als der Zug einfuhr. Prompt setzte eine große Wanderungsbewegung am Bahnsteig ein. Das Chaos war perfekt. Ich bin dann - wie auf der Hinfahrt auch - einfach in den nächstbesten Waggon eingestiegen (Hauptsache, erst einmal drin), und mußte mich dann durch fast den gesamten Zug hindurch bis zu meinem Platz durchschlagen. Weil in Hannover aber wesentlich mehr Menschen zustiegen, die natürlich auch erst einmal ihre Plätze finden mußten, dauerte mein Weg zu meinem Platz entsprechend lange. Und dort mußte ich erst einmal eine junge Frau von meinem Platz vertreiben, die die Durchsage komplett überhört hatte und sich nun ihrerseits auf den Weg zum anderen Zugende machen mußte.

Ich will's mal so sagen: in Japan wäre das nicht passiert. In Japan geht das Ein- und Aussteigen auch viel einfacher vonstatten. Das hat mich früher schon immer geärgert, wenn ich mit schwerem Gepäck vom Studienort zum Heimatort oder umgekehrt gefahren bin. Warum hat es die Deutsche Bahn immer noch nicht geschafft, die Züge der Bahnsteighöhe anzupassen? Und warum klafft dann, wenn man die drei steilen Stufen mit Lochoptik (die man auch nicht in jeder Art Schuh sicher betreten kann) herunterbalanciert ist, noch ein breiter Abgrund zwischen Bahnsteig und Zug? Kundenfreundlich ist das nicht.

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