Donnerstag, 22. Januar 2009

Waltz with Bashir

Nach langer Abstinenz war ich am Dienstagabend einmal wieder im Kino. Die Kollegin und ich wollten uns beide den Film "Waltz with Bashir" ansehen. Gelandet sind wir im Kino Filmrausch e.V. im Kulturzentrum Moabit.
Nach über 20 Jahren versucht der Filmemacher Ari Folman, sich an seine Erlebnisse im Libanonkrieg zu erinnern. Er weiß, daß er als 19jähriger "dabei" war, aber er hat keine Erinnerungen an die Zeit. Ein Gespräch mit einem Freund, der ihm von regelmäßigen Albträumen mit wilden Hunden erzählt, macht ihm diese Erinnerungslücke bewußt und ruft eine eigene Art von Traum/Erinnerung hervor, die er zunächst nicht einordnen kann. Im Gespräch mit Freunden, die wie er damals als junge Soldaten mit in den Krieg gezogen sind, kommt die Erinnerung langsam zurück. Schließlich erinnert Ari sich auch daran, wo er am Tag des Massakers von Sabra und Schatila war und was er gemacht hat.
Das ist harte Kost, aber filmisch sehr geschickt aufbereitet. "Waltz with Bashir" ist ein dokumentarischer, halb-autobiographischer Trickfilm. Die Figuren haben alle individuelle Gesichtszüge, denen das Niedliche der Disneyfilme oder der japanischen Anime völlig fehlt. Gleichzeitig aber sind die Körper und Bewegungen bewußt künstlich gehalten, nicht perfekt. Die Bewegungen sind eckig, so daß das Ganze etwas unbeholfen wirkt. So wird einerseits deutlich: dies ist eine wahre Geschichte; andererseits schaffen die Trickbilder für den Zuschauer die nötige Distanz, um sich auf die Geschichte überhaupt einlassen zu können. Gut gelungen ist auch, daß der Zuschauer sich genauso viel oder genauso wenig weiß wie Ari. Es ist ein langsames Begreifen dessen, was sich damals zu Beginn des Libanonkriegs ereignet hat. Es ist ein langsames, behutsames Herantasten an die Greuel. Der Zuschauer wird nicht überfordert, sondern mitgenommen.
Erst ganz am Ende, wenn der israelische Kriegsberichterstatter davon erzählt, wie er nach dem Ende des Massakers gemeinsam mit den Überlebenden ins Lager gegangen und die Verwüstungen und die Leichen gesehen hat, schaltet der Film plötzlich vom Trickfilm um. Man sieht Filmaufnahmen von den überlebenden, schreienden Frauen inmitten der Trümmer, dann von den Toten. Dann ein schwarzes Bild, und erst nach einer gefühlten Ewigkeit folgt der Abspann. Es hat sehr lange gedauert, bis die ersten aufstanden und den Kinosaal verließen.
Hingehen. Ansehen.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Läuft der regulär oder nur in Programmkinos? Bei mir auf dem Dorf läuft der nämlich nicht.

Ute hat gesagt…

Das wo wir waren, war ein Programmkino. Gab nicht mal Werbung vorher, nur eine kleine Ansprache vom Betreiber. Aber in einigen größeren Kinos läuft er auch. Zumindest in Berlin.